65. VI. Der Mensch ist zur Form der göttlichen Ordnung geschaffen
worden.
Der Mensch ist zur Form der göttlichen Ordnung geschaffen,
weil er zum Bild und zur Ähnlichkeit Gottes geschaffen ist, und da
Gott die Ordnung selbst ist, so ist er auch zum Bild und zur
Ähnlichkeit der Ordnung geschaffen.
Es sind zwei [Quellen], aus denen
die Ordnung entstand und durch die sie besteht: die göttliche Liebe und
die göttliche Weisheit;
und der Mensch ist zum Aufnahmegefäß
derselben geschaffen; und deshalb ist er auch in die Ordnung geschaf
fen, nach welcher jene beiden im Weltall wirken, und hauptsächlich
nach derjenigen, nach welcher sie im Engelhimmel wirken, und
infolgedessen dieser ganze Himmel eine Form der göttlichen Ordnung
in größter Ausgestaltung ist, und dieser Himmel auch vor dem Auge Gottes
wie ein Mensch ist;
wie denn auch eine vollkommene Entsprechung
zwischen diesem Himmel und dem Menschen statt hat, denn es gibt im Him
mel keine Gesellschaft, die nicht irgendeinem Glied, Eingeweide
oder Organ im Menschen entspräche. Deshalb sagt man im Himmel, diese
[oder jene] Gesellschaft sei entweder im Gebiete der Leber oder der
Gekrösedrüse, oder der Milz, oder des Magens, oder des Auges, oder des
Ohres, oder der Zunge und so weiter;
auch wissen die Engel selbst , in
welche m Gebiet eines T eiles des Mensc hen sie wohnen. Daß dem so sei,
ist mir durch lebendige Erfahrung zu wissen gegeben worden: ich sah
eine Gesellschaft, die aus einigen tausend Engeln bestand, als einen
Menschen; woraus offenbar war , daß der Himmel in seiner
Zusammenfassung ein Ebenbild Gottes ist, und das Ebenbild Gottes die
Ausgestaltung der göttlichen Ordnung ist.
66. Man muß wissen, daß
alles , was aus der Sonne der geistigen Welt hervorgeht, in deren
Mitte Jehovah Gott ist, einen Menschen darstellt, und daher alles,
was in jener Welt entsteht, zur menschlichen Gestalt anstrebt und sie
in seinem Innersten darstellt; daher alle Gegenstände, die dort den
Augen sich zeigen, Vorbildungen des Menschen sind. Es erscheinen
daselbst alle Arten von Tieren, und diese sind Ähnlichkeiten der
Neigungen der Liebe, und der aus diesen hervor gehenden Gedanken der
Engel; ebenso die Baumpflanzungen, Blumenbeete und grünen Plätze
daselbst. Auch ward mir zu wissen gegeben, welche Neigung dieser oder
jener Gegenstand vorbildet; und wenn ihnen das innerste Gesicht geöf
fnet wird, so erkennen sie, merkwürdigerweise, ihr Ebenbild in denselbe
n; und dies geschieht darum, weil jeder Mensch sein Lieben und
hieraus sein Denken ist; und wie die Neigungen und infolgedessen die
Gedanken bei jeglichem Menschen verschieden und mannigfaltig sind,
und einige derselben die Neigung dieses Tieres und andere die eines
anderen abbilden, darum stellen sich die Bilder ihrer Neigungen
also dar. Allein hierüber wird man weiteres im folgenden Abschnitt von
der Schöpfung sehen. Hierau s erhellt auch die Wahrheit, daß der
Endzweck der Schöpfung der Engelhimmel aus dem menschlichen
Geschlecht, folglich der Mensch war, in dem Gott als in Seinem Auf-
nahmegefäß wohnen könnte; daher der Grund, warum der Mens ch zur Form
der göttlichen Ordnung geschaffen wurde.
67. Gott war vor der
Schöpfung die Liebe selbst und die Weisheit selbst, und diese beiden
im Streben, Nutzwirkungen hervorzubringen. Denn Liebe und Weisheit
ohne Nutzleistung sind bloß flüchtige Gebilde der Vernunft, und
verfliegen auch, wenn sie nicht in nützliches Wirken übergehen;
wirklich sind auch die beiden ersteren, wenn getrennt vom dritten, wie
Vögel, die über dem großen Weltmeer fliegen und endlich vom Flug
ermattet herabfallen und versinken. Daraus ist ersichtlich, daß das W
eltall von Gott erschaffen worden ist, damit Nutzwirkungen entstehen;
daher denn auch das Weltall ein Schauplatz der Nutzwirkungen genannt
werden kann. Und weil der Mensch der Hauptzweck der Schöpfung ist, so
folgt, daß alles und jedes um des Menschen willen erschaffen ist, und
somit auch, daß alles und jedes der Ordnung in ihn gelegt und in ihm
konzentriert ist, damit Gott durch ihn die Hauptnutzwirkungen hervorbri
ngen könne.
Die Liebe und die Weisheit ohne ihr Drittes, welches die
Nutzwirkung ist, können der Wä rme und dem Licht der Sonne ver glichen
werden, die, wenn sie nicht in die Mensc hen, die Tiere und die Pf
lanzen einwirken, nutzlose Di nge wären; sie werden aber zu reellen
Dingen durch den Einfluß in dieselben und durch das W irken in ihnen. Es
sind auch drei Din ge, die d er Ordnung nach aufeinander folgen: der
Endzweck, die Ursache und die W irkung, und in d e r gelehrten W elt
weiß man, daß der Endzw eck nichts ist, wenn er sich nicht nach der
wirkenden Ursache umsieht, und daß jener Endzweck und diese Ursache
nichts sind, wenn nicht die W irkung entsteht. Zwar können Endzweck u nd
Ursac he abstr akt im Gemüt erwogen werden, dennoch ab er immer e iner W
irkung wegen, welcher der Endzweck beabsichtigt und die Ursache h
ervorbringt . In ähnlic her W eise verhält es sich mit der Liebe, W
eisheit und Nutzwirkung: die Nutzwirkung ist das, was die Liebe
beabsichtigt und durch die Ursache h ervorbringt , und wenn di e
Nutzwirkung hervo r gebracht ist, so haben die Liebe und die W eisheit
wirkl iches Bestehen , und nehme n sich in ihr W ohnung und Sitz und
ruhen in i hr wie in ihrem Haus. Ebenso verhält es sich m it einem
Menschen, in dem die Liebe und W eisheit Gottes ist, 50 während er
Nutzen schaf ft; und dami t er Nutzwecke Gottes erfülle , ist er zum
Bild und zu r Ähnlichkei t, das heißt, zur Form der g öttlichen Ordnung
erschaf fen worden.