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Lebensübungen > Der Weg zum wahren Leben
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Widerstand gegen die 2 innerlichen Wahrheiten 
Der Herr ist der einzige Gott (auch manch anderer Religion)
Die Liebtätigkeit entsprechend der Gebote ist entscheidend



Solange an einen Mehrpersonglauben festgehalten wird (und dasselbe Problem gibt es im Hinduismus und anderen Glaubensrichtungen), herrscht Verwirrung und ein Hindernis die Wahrheit völlig anzunehmen, welche völlig frei macht. Erst durch die Kombination Wahrheit und Liebe wird der innere Kampf gewonnen und es kehrt Friede ein.

Jesus: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben
Jesus: Bleibet in Meiner Liebe (Friede)

Im keltischen Wortsinn ist auch einiges dazu versteckt, etwa:

Muin (keltisch) ist ein Weinstock von höchster Schönheit, denn er wöchst hoch empor.
Gleichnis zur intakten aufgerichteten Wirbelsäule, die vieles tragen kann.
(innerlich auferstanden)

Im Gegensatz bezeichnet die Ablehung (nicht im Frieden bleiben), also selbst hoch hinaus wollen, auch "Gemetzel"

Eine andere Bedeutung von "muin" ist "lehren" - und der Wein steht ja auch für Wahrheit.


Wie heißt denn der elfte Träger (des Lebens)? – 



Also heißt er: Gott ist in Sich Selbst die ewige und allerreinste Liebe Selbst. Aus dieser unendlichen Liebe bist du Mensch hervorgegangen; also ein Werk der Liebe bist du. 

Daher sollst du auch Gott, deinen Schöpfer, der dich ganz und gar aus Seiner Liebe gebildet hat, mit aller deiner Liebe ergreifen und Ihn lieben über alles! Tust du solches, so ergreifst du das ewige, unvergängliche Leben und lebst ewig in selbem. 

Tust du es nicht, da trennst du dich vom Leben, und das Los deiner Trennung ist der ewige Tod!



Der Weg zur Erlösung Teil 11:



Seht, alles Weltliche ist schlecht, weil es den Geist wieder zur Welt wendet, aus deren Todeskerkernacht Ich ihn der Materie entriß und gelegt habe in das Herz der Seele, damit er da wieder lebend und geläutert werde von allem sinnlich naturmäßig materiell Weltlichen, und damit er da endlich fähig würde zur Aufnahme des Lebens aus Mir. 

So nun ihm aber gereicht wird schlechte Kost, so wird er wieder weltlich, sinnlich und endlich materiell und dadurch tot wie vor der Geburt, – so auch die Seele mit dem Leibe, da sie dadurch selbst ganz leiblich geworden ist.
[HIM 3.400617.11] 




 
Geistige Sonne Band 2
98. Kapitel – Elfter Saal – 11. Gebot: Die Gottesliebe.

[GS 2.98.1] Wir sind bereits in diesem Saale und ersehen hier in der Mitte des Saales ebenfalls an einer großen, weißen, glänzenden Säule eine runde Tafel. Sie glänzt wie die Sonne, und in ihrer Mitte steht mit rubinrot leuchtender Schrift geschrieben:
[GS 2.98.2] „Du sollst Gott deinen Herrn lieben über alles, aus deinem ganzen Gemüte und aus allen deinen von Gott dir verliehenen Lebenskräften“. –
[GS 2.98.3] Nebst dieser inhaltsschweren, prachtvollen Sonnentafel erblicken wir auch, mehr als sonst in irgendeinem Saale, eine Menge schon groß gewachsener Kinder, welche, wie ihr bemerken könnet, bald die Tafel anblicken, bald sich wieder mit ihren Lehrern besprechen und bald ganz in sich versunken, die Hände kreuzweise auf die Brust legend, gleich Statuen dastehen. Der ganze Anblick sagt schon, daß es sich hier um etwas außerordentlich Wichtiges handelt.
[GS 2.98.4] Es dürfte vielleicht mancher fragen und sagen: Solches stünde wohl offenbar zu erwarten. Aber wenn man die Sache beim Lichte recht betrachtet, so will dieses auf der Sonnentafel geschriebene Gebot ja doch nichts anderes sagen, als was im Grunde alle früheren Gebote zusammen gesagt haben. Warum muß denn gerade diese Tafel hier also glänzen, während alle vorhergehenden zehn Tafeln nur einfach weiß und wie gewöhnlich mit einer dunklen Substanz beschrieben waren? – Diese Bemerkung ist nicht ganz ohne Gehalt. Dessen ungeachtet verliert sie hier ihren Wert, so wie alle anderen Lehren und Behauptungen gegen ein einziges Wort aus dem Munde des Herrn ihren Schein notwendig verlieren müssen.
[GS 2.98.5] Es verhält sich mit der Sache gerade so, wie es sich auf der Welt in der großen Natur tagtäglich beinahe handgreiflich beurkundet. Nehmen wir an, wie viele tausend und tausendmal tausend kleinere und mitunter auch stärkere und etwas größere Lichter strahlen in jeder Nacht aus den hohen Himmeln zur finsteren Erde herab. Der Mond selbst ist nicht selten die ganze Nacht hindurch tätig. Neben diesen herrlichen Lichtern zünden zur Nachtzeit die Menschen auf der Erde beinahe ebensoviele künstliche Lichter an.
[GS 2.98.6] Bei dieser Fülle von Lichtern und Lichtern sollte man meinen, es müsse in der Nachtzeit auf der Erde vor lauter Licht nicht auszuhalten sein. Allein die Erfahrung hat noch allezeit gezeigt, daß es auf der Erde nach dem Untergange der Sonne trotz der stets mehr und mehr auftauchenden Lichter am Himmel stets finsterer wird, je tiefer sich die Sonne unter den Horizont hinabsenkt.
[GS 2.98.7] Wer kann sagen, diese Lichter seien nicht herrlich? Ja, ein nur mittelmäßiger Verehrer der Wunder Gottes muß beim Anblicke des gestirnten Himmels zur Nachtzeit sich auf die Brust klopfen und sagen: O Herr, ich bin nicht würdig, in diesem Deinem Heiligtume, in diesem Deinem unendlichen Allmachtstempel zu wandeln! Ja fürwahr, man kann in jeder Nacht mit vollem Rechte ausrufen: O Herr! Wer Deine Werke betrachtet, hat eine eitle Lust daran!
[GS 2.98.8] Warum denn eine eitle? Weil ein jeder Mensch für sich im Ernste hinreichend Grund hat, aus lauter Lust und Wonnegefühl darum fromm-eitel zu sein, weil Derjenige, der solche Wunderwerke erschuf, sein Vater ist!! – Es hat also ein jeder billigermaßen ein heiliges Recht darauf, sich zu freuen, wenn er in einer Nacht mehr in sich gekehrt die großen Wunderwerke seines allmächtigen Vaters betrachtet. Und fürwahr, die Flamme einer Lampe und die am Herde ist nicht minder ein Wunderwerk des allmächtigen Vaters, als das glanzvoll strahlende Licht der zahllosen Sterne des Himmels!
[GS 2.98.9] Und sehet nun, aller dieser hoch zu bewundernden Wunderpracht gleicht das Alte Testamentswort in allen seinen Teilen.
[GS 2.98.10] Wir erblicken an diesem alten, aber immer noch nächtlichen Himmel eine kaum zählbare Menge von größeren und kleineren Lichtern. Sie strahlen herrlich, und wer sie betrachtet, wird allezeit mit einer geheimen, heiligen Ehrfurcht erfüllt. Warum? Weil sein Geist Großes ahnt hinter diesen Lichtern. Aber sie sind noch zu weit entfernt von ihm. Er kann schauen und greifen und fühlen, aber die kleinen Lichter wollen mit ihrem großen Inhalte seinem forschenden Geiste nicht näherrücken.
[GS 2.98.11] Wer sind aber diese Himmelslichter in dem alten Himmel des Geistes?
[GS 2.98.12] Sehet, es sind alle die euch bekannten vom Geiste Gottes erfüllten Patriarchen, Väter, Propheten, Lehrer und Führer des Volkes. – Aber auf der Erde gibt es ja auch eine Menge künstlicher Lichter, wer sollen denn diese sein im Alten Testamente? Das sind diejenigen achtenswerten Menschen, die nach dem Worte, welches aus dem gottbegeistigten Menschen kam, treulich lebten und durch ihren Lebenswandel ihre Nachbarn erleuchteten und erquickten.
[GS 2.98.13] Also haben wir diese herrliche Nachtszene vor uns. Wohl werden durch manche nächtliche Partialstürme hie und da die Strahlen des Himmels mit schnell dahineilenden Wolken flüchtig verdeckt. Aber derselbe Sturm, der ehedem eine lichtfeindliche Wolke über das prachtvolle Sternengezelt brachte, eben dieser Sturm treibt diese Wolke über den Horizont hinab, und nach ihm wird das Firmament reiner, als es zuvor war. Alles wird ängstlich ob eines solchen kurzwährenden Sturmes und wünscht sich wieder die ruhige, herrliche, von so vielen tausend Lichtern durchleuchtete Nacht. Aber ein Naturkundiger spricht: Solche Stürme sind nichts als gewöhnliche Vorboten des nahen Tages, daher solle man nicht ängstlich sein.
[GS 2.98.14] Also ist es auch fürwahr. Denn wo große Kräfte in Bewegung gesetzt werden, da kann man doch mit Recht schließen und sagen: Hier kann eine noch größere, ja die allergrößte Urkraft nicht fern sein, denn kleine Winde sind nichts als Seitenströmungen eines nicht sehr fernen großen Orkans. Also hat unser Naturkundiger ja recht, und wir erquicken uns noch immer an der herrlichen Pracht der Wundernacht. –
[GS 2.98.15] Wir schwärmen gleich den Verliebten unter den vielen Fenstern des großen Prachthauses umher, und blicken mit phantasie- und sehnsuchtsvoller Brust hinauf zu den durch eine Nachtlampe schwach erleuchteten Lichtöffnungen des Hauses, hinter denen wir den Gegenstand unserer Liebe wittern.
[GS 2.98.16] Viele Ahnungen, tausend inhaltsschwere Gedanken zucken da gleich Sternschnuppen über unsern Liebehimmel, aber kein solch flüchtiges ephemeres Licht will dem Durste unserer Liebe eine genügende Labung reichen.
[GS 2.98.17] Also geht es den Menschen auch in dem alten nächtlichen Sternenhimmel des Geistes. Aber was geschieht? Durch den Aufgang der Sonne fängt der Horizont an sich zu röten. Heller und heller wird es über dem Horizont des Aufganges. Noch einen Blick nach dem ehemals so herrlichen Himmel, und was ersieht man? – Nichts als einen Stern um den anderen verschwinden. –
[GS 2.98.18] Die Sonne, die herrliche, geht mit ihrem urewigen Tagesglanze auf und kein Sternchen am Himmel ist mehr zu erschauen, denn die eine Sonne hat jedes Himmelsatomchen heller gemacht mit dem einen Lichte, als in der Nacht all die zahllosen Sterne zusammen so etwas zu bewirken imstande gewesen wären.
[GS 2.98.19] Dem harrenden Verliebten, der die ganze Nacht hindurch vergeblich geschwärmt hatte, geht am für ihn inhaltsschweren Hause nur ein Fenster auf. Und von diesem einen Fenster begrüßt ihn der ersehnte Gegenstand seines Herzens und sagt ihm mit einem wohlwollenden Blicke mehr als ehedem die Nacht hindurch seine zahllosen Phantasien und Gedanken!
[GS 2.98.20] So sehen wir in der großen Natur tagtäglich eine Szene, die unserer geistigen vollkommen entspricht.
[GS 2.98.21] Den Mond, gleich dem Moses, sehen wir mit abnehmendem und erblaßtem Lichte hinter das abendliche Gebirge untertauchen, wenn die mächtige Sonne am Morgen über den Horizont emporsteigt. Was auch immer ehedem in der Nacht in ein noch so geheimnisvolles Dunkel gehüllt war, steht jetzt hell erleuchtet vor jedermanns Augen!
[GS 2.98.22] Das alles ist die Wirkung der Sonne. Und am geistigen Himmel alles die Wirkung des Einen Herrn, des Einen Jesus, der da ist der alleinige Einige Gott Himmels und aller Welten!
[GS 2.98.23] Was Er Selbst in Sich ist als die göttliche Sonne aller Sonnen, das ist auch ein jedes einzelne Wort aus Seinem Munde gesprochen gegen alle zahllosen Worte aus dem Munde begeisterter Patriarchen, Väter und Propheten. Zahllose Ermahnungen, Gesetze und Vorschriften ersehen wir im Verlaufe des Alten Testamentes. Das sind Sterne und auch künstliche Lichter der Nacht. Dann aber kommt der Herr, spricht nur ein Wort – und dieses Wort wiegt das ganze Alte Testament auf. –
[GS 2.98.24] Und sehet, aus eben diesem Grunde erscheint auch dieses eine erste Wort hier in diesem elften Saale als eine selbstleuchtende Sonne, deren Licht zahllose Sterne wohl erleuchtet, es aber dagegen ewig nimmer vonnöten hat, sich des Gegenschimmers der Sterne zu bedienen. Denn es ist ja das Urlicht, aus dem alle die zahllosen Sterne ihr teilweises Licht genommen haben.
[GS 2.98.25] Und so wird es auch hier in dieser Erscheinlichkeit sicher begreiflich sein, warum die vormaligen zehn Tafeln nur weiß, also mattschimmernd, aufgerichtet sind, wogegen wir hier das urewige Sonnenlicht dargestellt erschauen, das keines Vor- und Nachtlichtes bedarf, sondern schon in sich alles Licht faßt.
[GS 2.98.26] Wer dieses nur einigermaßen beherzigt, der wird es vollkommen einsehen, warum der Herr gesagt hat: „In diesem Gebote der Liebe sind Moses und alle Propheten enthalten“. Es ist sicher ebensoviel gesagt, als so man natürlichermaßen sagen möchte: Am Tage erblickt man darum die Sterne nicht mehr und hat deren Licht auch nicht mehr vonnöten, weil all ihr Licht in dem einen Lichte der Sonne zahllos aufgewogen wird. – Wie aber durch solches hier die volle Wahrheit sich handgreiflich darbietet, werdet ihr in der Folge ersehen. –

99. Kapitel – Die Liebe Gottes – der Urgrundstoff aller Geschöpfe.

[GS 2.99.1] Die Liebe Gottes ist der Urgrundstoff aller Geschöpfe, denn ohne diese hätte ewig nie etwas erschaffen werden können. Diese Liebe entspricht der allbelebenden und zeugenden Wärme, und nur durch die Wärme sehet ihr die Erde unter euren Füßen grünen.
[GS 2.99.2] Durch die Wärme wird der starre Baum belaubt, blühend, und die Wärme in ihrem Wesen ist es, die die Frucht am Baume reift. Es gibt überhaupt auf der ganzen Erdoberfläche kein Wesen oder Ding, das seinen Ursprung im gänzlichen Wärmemangel nehmen könnte.
[GS 2.99.3] Man wird hier etwa sagen und einwenden: Das Eis ermangelt doch sicher aller Wärme, und besonders das Polareis. Mit dem wird die Wärme doch nicht gar zu viel zu schaffen haben, denn bei nahe vierzig Grad Kälte möchte man wohl dasjenige Wärmemessungsinstrument kennen, das dort noch irgendeine Wärme heraustüpfeln könnte. Ich aber sage hierzu nichts anderes, als daß die Gelehrten dieser Erde das Instrument noch nicht erfunden haben, mit dem sie den eigentlichen Wärmestoff vom eigentlichen Kaltstoffe wohl ausmeßlich absondern und gewissenhaft bestimmen können. Bei uns, die wir im inwendigen reinen Wissen sind, ist ein ganz anderes Maß eingeführt und gebräuchlich.
[GS 2.99.4] Die Gelehrten der Erde fangen da mit der Messung der Kälte an, wo das Wasser gefriert. Wenn beim Gefrierpunkte schon die eigentliche Kälte anfängt, da möchte ich denn doch den Grund wissen, nach welchen Gesetzen oder auf welche Art und Weise dann die Kälte zunehmen kann? Warum empfindet man bei euch eine Temperatur von etwa vier bis fünf Graden unter dem sogenannten Eispunkte noch leidlich erträglich? Wenn aber das Thermometer bis auf achtzehn Grade gesunken ist, da wird ein jeder die Kälte schon sehr schmerzlich empfinden. Kann man hier nicht sagen, und das mit vollem Rechte: Achtzehn Grad Kälte sind darum empfindlicher als vier Grade, weil bei vier Graden offenbar noch mehr Wärme als bei achtzehn Graden vorherrschend ist? Kann man nun achtzehn Grade schon als komplette Kälte annehmen? O nein, denn man hat schon dreißig Grad Kälte erlebt. Diese war noch viel schmerzlicher als die mit achtzehn Graden. Warum? Weil sie wieder bei weitem weniger Wärme in sich enthielt als die mit achtzehn Graden. Aber vierzig Grade werden noch schmerzlicher sein als dreißig. Ist man aber darum schon berechtigt, die vierzig Grade als vollkommen wärmelos zu erklären?
[GS 2.99.5] Ich aber will euch sagen, daß das nichts als Übergänge von der Wärme zur Kälte und also auch umgekehrt sind. Daher kann man diesen viel richtigeren Maßstab annehmen:
[GS 2.99.6] Jedes Ding, jeder Körper, der noch erwärmungsfähig ist, kann nicht völlig kalt genannt werden, sondern er hat ebensoviel Wärme in sich, als wie groß und dicht er ist. Ein Eisklumpen vom höchsten Norden kann am Feuer geschmolzen und das Wasser dann bis zum Sieden gebracht werden. Hätte dieses Eis nicht gebundene Wärme in sich, nimmer könnte es erwärmt werden.
[GS 2.99.7] Kälte ist demnach diejenige Eigenschaft eines Wesens, in der durchaus keine Erwärmungsfähigkeit mehr vorhanden ist. So kann man mit Recht selbst die Bildung des Eises am Nordpole einzig und allein der Reaktion der Wärme zuschreiben, wo sie von der Kälte bedroht ihre Körper ergreift, zusammenzieht und festet, damit sie der eigentlichen Kälte den festesten Widerstand leisten können.
[GS 2.99.8] Die Wärme ist demnach gleich der Liebe, die eigentliche Kälte aber gleicht der eigentlichen höllischen Liebelosigkeit. Wo diese herrschend auftreten will, da bewaffnet sich ihr gegenüber die alles belebende und erhaltende Liebe, und die eigentliche alles ertötende Kälte vermag der so bewaffneten Liebe keinen Sieg abzugewinnen.
[GS 2.99.9] Was heißt denn hernach: „Liebe Gott über alles“? – Natürlicherweise betrachtet kann es unmöglich etwas anderes heißen als:
[GS 2.99.10] Verbinde deine dir von Gott gegebene Lebenswärme mit der dich erschaffenden und erhaltenden Urwärme deines Schöpfers, so wirst du das Leben ewig nimmer verlieren.
[GS 2.99.11] Wirst du aber deine Liebe oder deine Lebenswärme freiwillig von der göttlichen Urlebenswärme trennen und gewisserart als ein selbständig herrschendes Wesen dasein wollen, so wird deine Wärme keine Nahrung mehr haben.
[GS 2.99.12] Du wirst dadurch in einen stets größeren Kältegrad übergehen. Und je tiefer du hinabsinken wirst in die stets mächtiger kaltwerdenden Grade, desto schwerer wird es halten, dich wieder zu erwärmen. Bist du aber in die vollkommene Kälte übergegangen, dann bist du dem Satan ganz anheimgefallen, wo du als rein kalt keiner Erwärmung mehr fähig bist!
[GS 2.99.13] Was da mit dir weiter geschieht, davon weiß kein Engel des Himmels dir eine Silbe zu sagen.
[GS 2.99.14] In Gott sind freilich unendliche Tiefen. Wer aber wird diese ergründen und dabei das Leben behalten? –
[GS 2.99.15] Ich meine, aus dieser kurzen Vorerwähnung wird man schon ziemlich klar anfangen können, sich einen Begriff zu machen, warum dieses Gebot, dieses eine Wort des Herrn, der Inbegriff, ja eine Sonne aller Sonnen und ein Wort aller Worte ist. – In der Folge wollen wir noch mehreres davon sprechen. –

100. Kapitel – Was heißt: Gott über alles lieben?

[GS 2.100.1] Ich sehe einen, der da kommt und spricht: Es wäre schon alles recht, aber wie sollte man dieses eine göttliche Wort an Gott Selbst realisieren? Wie sollte man denn so ganz eigentlich Gott lieben, und das über alles? Sollte man in Gott etwa also verliebt sein, wie ein junger Bräutigam in seine schöne und reiche Braut? Oder sollte man in Gott also verliebt sein, wie ein Mathematiker in eine mathematische Berechnung oder ein Astronom in seine Sterne? Oder sollte man also verliebt sein wie ein Spekulant in seine Ware oder ein Kapitalist in sein Geld oder wie ein Herrschaftsbesitzer in seine Herrschaften oder auch wie ein herrschender Monarch in seinen Thron? Das sind die einzig möglichen Maßstäbe ernster menschlicher Liebe, denn der Kinder Liebe zu ihren Eltern kann man nicht füglich als einen ernsten Maßstab der Liebe aufstellen, indem das Beispiel lehrt, daß Kinder ihre Eltern verlassen können, um entweder irgendeine gute Heirat zu machen oder viel Geld zu gewinnen oder eine hohe Ehrenstelle einzunehmen. Bei all dem tritt die Liebe der Kinder zu ihren Eltern zurück und muß notwendig einer mächtigeren Platz machen. Daher sind hier nur die mächtigsten Maßstäbe der menschlichen Liebe angeführt, und da fragt es sich, nach welchem soll man so eigentlich die Liebe zu Gott bemessen?
[GS 2.100.2] Wenn aber nun jemand kommt und spricht: Nach diesem oder jenem, da sage ich einwendend: Freund! Das kann nicht sein.
[GS 2.100.3] Es ist wahr, die von mir angeführten mächtigsten Liebemaßstäbe sind wohl die einzigen, wonach des Menschen größte Liebekraft bemessen werden kann; aber es heißt ja, man solle Gott über alles lieben, was so viel sagen will als: mehr, als alles in der Welt.
[GS 2.100.4] Da fragt es sich, wie es anfangen, wie die Liebe zu einer Potenz erheben, von der sich kein menschlicher Geist irgendeinen meßbaren oder vergleichbaren Begriff machen kann? Man wird etwa sagen: Man solle Gott noch mehr lieben als sein eigenes Leben. Da sage ich, der Einwender: Mit der Liebe des eigenen Lebens hält die allerhöchste Liebe zu Gott noch weniger irgendeinen Vergleich aus als mit der Liebe der Kinder zu ihren Eltern. Denn es gehört schon viel dazu, daß die Kinder ihr Leben aus Liebe zu ihren Eltern aufs Spiel setzen, im Gegenteil haben sie es lieber, so die Eltern für sie auf Leben und Tod kämpfen.
[GS 2.100.5] Alsonach erscheint die Eigenliebe der Kinder gegenüber der Liebe zu ihren Eltern nicht selten bei weitem mächtiger. Aber wir sehen andererseits, daß die Kinder der Menschen für andere Vorteile häufig ihr Leben beinahe verachtend aufs Spiel setzen. Der eine segelt in stürmischen Nächten über den Ozean, ein anderer stellt sich vor die feuernde Front der feindlichen Armee, ein dritter begibt sich nicht selten in lockere Abgründe der Erde, um sich da metallene Schätze zu holen. Und so sehen wir, daß diese äußeren weltlich-ernsten Maßstäbe menschlicher Liebe sicher kräftiger sind und eine allgemeinere Geltung haben als die Liebe der Kinder zu ihren Eltern und die Liebe zum eigenen Leben.
[GS 2.100.6] Aber was nützen alle diese Maßstäbe, wenn weit über sie hinaus die Liebe zu Gott auf einer solchen Potenz stehen soll, gegen die alle anderen Liebemaßstäbe ins reine Nichts zurücksinken sollen? Sehet, meine lieben Freunde und Brüder, unser Einwender hat uns scharf angegriffen, und wir werden uns recht kräftig auf die Beine stellen müssen, um gegen den Einwender das Übergewicht zu gewinnen.
[GS 2.100.7] Aber ich sehe soeben wieder einen sehr ernstlich aussehenden Gegenkämpfer. Dieser tritt seines Sieges ganz sicher auf und spricht: Oh, mit diesem Einwender werden wir bald fertig werden, denn der Herr hat uns ja selbst den ausdrücklichen Maßstab gegeben, wie man Gott lieben soll. Ich brauche daher nichts anderes zu sagen, als was der Herr Selbst gesagt hat, nämlich: „Wer Meine Gebote hält, der ist es, der Mich liebt“. – Das ist somit der eigentliche Maßstab, wie man Gott lieben soll.
[GS 2.100.8] Wenn der Einwender genug scharfe und starke Zähne hat, so soll er noch versuchen, irgendeine andere unübertreffliche Liebeswaage aufzustellen. Gut, sage ich, der Einwender ist noch zur Seite und macht Miene, diesen Einwurf ein wenig zu zerbeißen. Wir wollen ihn daher anhören und sehen, was er alles vorbringen wird. Er spricht:
[GS 2.100.9] Gut, mein lieber, freundlicher Gegner! In der Aufstellung deiner Einwendung hast du mir gegenüber zum Maßstabe der höchsten Liebe zu Gott nicht viel mehr bewiesen als ein ziemlich gutes Gedächtnis, dem du so manche Texte aus der hl. Schrift zu danken hast. Aber siehe, wer aus all den Texten einen lebendigen Nutzen ziehen will, der muß nicht nur wissen, wie sie lauten, sondern er muß in sich lebendig verstehen, was sie sagen wollen.
[GS 2.100.10] Was würdest du denn sagen, so ich dir eben aus dem Munde des Herrn Selbst gesprochen nicht nur einen, sondern mehrere Gegensätze dazu aufstellen würde, laut denen der Herr Selbst die Liebe aus der Erfüllung des Gesetzes als nicht genügend darstellt? Du machst zwar jetzt ein Gesicht, als möchtest du sagen: Dergleichen Texte dürften in der Schrift doch wohl etwas karg ausgestreut sein. Ich aber erwidere dir: Lieber Freund, durchaus nicht. Höre mich nur an, ich will dir gleich mit einem halben Dutzend, so du es willst, aufwarten.
[GS 2.100.11] Ist dir das Gespräch des Herrn mit dem reichen Jünglinge bekannt? Fragt nicht dieser: „Meister, was soll ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“ Was antwortet ihm da der Herr? Du sprichst triumphierend: Der Herr spricht: „Halte die Gebote und liebe Gott, so wirst du leben!“ Gut, sage ich, was spricht aber der Jüngling? Er spricht: „Meister, das habe ich von meiner Kindheit an gehalten“.
[GS 2.100.12] Das ist alles richtig. Warum aber, frage ich, hat der Jüngling diese Antwort dem Herrn gegeben? Er wollte Ihm dadurch sagen: Trotzdem ich das alles von meiner Kindheit an gehalten habe, verspüre ich dennoch nichts von dem wunderbaren ewigen Leben in mir.
[GS 2.100.13] Warum erklärt der Herr nun darauf dem Jünglinge die Haltung der Gebote zur Erreichung des ewigen Lebens nicht als genügend, sondern macht sogleich einen sehr gewaltigen Zusatz, indem Er spricht: „So verkaufe alle deine Güter, verteile sie unter die Armen und folge Mir nach!“
[GS 2.100.14] Frage, wenn der Herr also Selbst einen solchen Zusatz macht, genügen da als höchste Liebe zu Gott die beobachteten Gesetze? Siehe, da hat es schon einen Haken, gehen wir aber weiter!
[GS 2.100.15] Was spricht einmal der Herr zu Seinen Aposteln und Jüngern, als Er ihnen die zu erfüllenden Pflichten vorstellt und anpreist? Er spricht nichts anderes als bloß die einfachen, sehr bedeutungsvollen Worte: „Wenn ihr aber alles getan habt, da bekennet, daß ihr faule und unnütze Knechte seid“.
[GS 2.100.16] Ich frage dich nun: Erklärt hier der Herr die Haltung der Gebote als genügend, indem Er doch offenbar erklärt, daß ein jeder das Gesetz vollkommen erfüllende Mensch sich als völlig unnütz betrachten solle? Siehe, da wäre der zweite schon etwas gewaltigere Haken. Aber nur weiter!
[GS 2.100.17] Kennst du das Gleichnis von dem Pharisäer und Zöllner im Tempel? Der Pharisäer gibt sich frohen Gewissens vor dem Heiligtume selbst das treue Zeugnis, daß er, wie gar viele nicht, das Gesetz Mosis in seinem ganzen Umfange allezeit genauest, also vollkommen buchstäblich erfüllt habe. Der arme Zöllner rückwärts in einem Winkel des Tempels aber gibt durch seine ungemein demütige Stellung jedem Beobachter getreu zu erkennen, daß er eben mit der Haltung des Mosaischen Gesetzes nicht gar viel muß zu schaffen gehabt haben, denn seiner Sünden gar wohl inne, getraut er sich nicht einmal zum Heiligtume Gottes hinaufzublicken, sondern bekennt selbst seine Wertlosigkeit vor Gott und bittet Ihn um Gnade und Erbarmen.
[GS 2.100.18] Da möchte ich denn doch wohl wissen von dir, du mein lieber textkundiger Freund, warum, wenn das Gesetz genügt, der Herr hier den das ganze Gesetz streng beobachtenden Pharisäer als ungerechtfertigt und den armen sündigen Zöllner als gerechtfertigt aus dem Tempel gehen läßt?
[GS 2.100.19] Siehe, wenn man das so recht beim Lichte betrachtet, so scheint es, als hätte der Herr da mit der alleinigen Haltung des Gesetzes schon wieder Selbst einen dritten sehr bedeutenden Haken gemacht. Du zuckst nun schon mit den Achseln und weißt nicht mehr, wie du daran bist. Mache dir aber nichts daraus, es soll schon noch besser kommen! Also nur weiter.
[GS 2.100.20] Was möchtest du denn sagen, wenn ich dir aus der Schrift, und zwar aus dem Munde des Herrn Selbst einen Text anführen möchte, laut welchem Er das ganze Gesetz indirekt als ungültig erklärt und dafür ein ganz anderes Hilfsmittel setzt, durch welches Er Selbst einzig und allein die Gewinnung des ewigen Lebens verbürgt?
[GS 2.100.21] Du sprichst nun: Guter Freund, diesen Text möchte ich auch hören. Sollst ihn gleich haben, mein lieber Freund! Was spricht einmal der Herr, als Er ein Kind am Wege fand, es aufnahm, herzte und kosete? Er spricht: „So ihr nicht werdet wie dieses Kind, so werdet ihr nicht in das Himmelreich eingehen!“
[GS 2.100.22] Frage: Hat dieses Kind, das noch kaum einige Worte zu lallen imstande war, die Gesetze Mosis je studiert und dann sein Leben streng darnach gerichtet? Auf der ganzen Welt gibt es sicher keinen so dummen Menschen, der so etwas behaupten könnte. Frage demnach: Wie konnte der Herr hier als höchstes Motiv zur Gewinnung des ewigen Lebens ein Kind bezeichnen, das mit dem ganzen Gesetze Mosis noch nie ein Jota zu tun hatte? Freund, ich sage hier nichts weiter als: So es dir beliebt, so mache mir darüber eine einwendliche Erörterung. Du schweigst. So ersehe ich, daß du mit deiner Aufstellung dich bei diesem vierten Haken schon ziemlich tief in den Hintergrund zurückgezogen hast. –

101. Kapitel – Worin besteht die Liebe zu Gott?

[GS 2.101.1] Du hast in diesen vier Punkten gesehen, daß der Herr einesteils die alleinige Haltung des Gesetzes zur Erlangung des eigentlichen ewigen Lebens nicht als hinreichend darstellt und in dem vierten Punkte dasselbe sogar indirekt aufhebt.
[GS 2.101.2] Was möchtest du aber sagen, so ich dir ein paar Punkte anführen möchte, wo der Herr sich über die Haltung des Gesetzes sogar tadelnd ausspricht? Du sagst hier: Das wird wohl nicht möglich sein! Dafür kann ich dir sogleich nicht nur mit einem, sondern, so du es willst, mit mehreren Beispielen aufwarten. Höre!
[GS 2.101.3] Jeder, der das Mosaische Gesetz in seinem Umfange nur einigermaßen durchblättert hat, dem muß es bekannt sein, wie sehr Moses die Gastfreundschaft dem jüdischen Volke anbefohlen hat. Wer sich gegen die Gastfreundschaft versündigte, war vor Gott und vor den Menschen für strafwürdig erklärt. Das Gesetz der Gastfreundschaft ward dem jüdischen Volke, welches sehr zur Habsucht geneigt war, um so mehr eingeschärft, um dieses Volk dadurch vor der Eigenliebe und Habsucht zu verwahren und es zur Nächstenliebe zu leiten.
[GS 2.101.4] Gesetz war es daher, einen fremden Gast, besonders wenn er der jüdischen Nation angehörte, mit aller Aufmerksamkeit zu empfangen und zu bedienen; und dieses Gesetz rührte von Gott her, denn Gott, und nicht Moses, war der Gesetzgeber.
[GS 2.101.5] Als aber eben derselbe Herr, der einst durch Moses die Gesetze gegeben hatte, zu Bethania in das Haus des Lazarus kommt, da ist Martha gesetzesbeflissenst und bietet alle ihre Kräfte auf, um diesen allerwürdigsten Gast gebührendst zu bedienen. Maria, ihre Schwester, vergißt vor lauter Freude über den erhabenen Gast des Gesetzes, setzt sich untätig zu Seinen Füßen hin und hört mit der größten Aufmerksamkeit die Erzählungen und Gleichnisse des Herrn an. Martha, über ihrer Schwester Untätigkeit und Gesetzesvergessenheit bei dieser Gelegenheit ein wenig erregt, wendet sich selbst eifrig zum Herrn und spricht: „Herr! ich habe so viel zu tun, beheiße Du doch meine Schwester, daß sie mir ein wenig helfe!“ – Oder noch deutlicher gesprochen: Herr, Du Gründer des Mosaischen Gesetzes, erinnere doch meine Schwester an die Haltung desselben.
[GS 2.101.6] Was spricht aber der Herr hier? „Martha, Martha!“ spricht Er, „du machst dir viel zu schaffen um Weltliches! Maria aber hat sich den besseren Teil erwählt, welcher ewig nimmer wird von ihr genommen werden.“
[GS 2.101.7] Sage du mir nun, mein lieber Freund, ob das nicht ein offenbarer Tadel vom Herrn gegen die gar emsige und genaue Haltung des Gesetzes ist, wie im Gegenteil eine außerordentliche Belobung derjenigen Person, die sich gewisserart um das ganze Gesetz nicht kümmert, sondern nur durch ihre Handlungsweise also spricht (Maria):
[GS 2.101.8] Herr, so ich nur Dich habe, da ist mir die ganze Welt um den schlechtesten Stater feil! – Zeigt hier der Herr nicht wieder, daß die alleinige Haltung des Gesetzes niemandem den bessern, ja besten Teil gibt, der ewig nimmer von ihm genommen wird? Siehe, das ist demnach ein fünfter Haken. Aber nur weiter!
[GS 2.101.9] Was spricht der Herr Selbst bei Moses, und zwar im dritten Gebot: „Du sollst den Sabbat heiligen!“? Frage, was tut aber der Herr Selbst im Angesichte Seiner buchstäblichen Erfüller des Gesetzes? Siehe, Er geht her und entheiligt Selbst den Sabbat, offenbar nach dem Buchstabensinne des Gesetzes, und erlaubt sogar Seinen Jüngern, an einem Sabbat Ähren zu lesen und sich mit den Körnern zu sättigen. Wie gefällt dir diese Haltung des Gesetzes Mosis, wo der Herr Selbst nicht nur allein für Sich, sondern zum größten Ärgernisse der buchstäblichen Gesetzeserfüller den ganzen Sabbat sozusagen über den Haufen wirft? Du wirst sagen, das konnte der Herr ja wohl tun, denn Er ist auch ein Herr des Sabbates.
[GS 2.101.10] Gut, aber ich frage: Wußten die sich ärgernden Pharisäer, daß des Zimmermanns Sohn ein Herr des Sabbats ist? – Du meinst, sie hätten solches an Seinen Wunderwerken erkennen sollen. Da aber sage ich: Bei diesem Volke waren Wunderwerke nicht hinreichend, um die vollkommene Göttlichkeit in Christo zu erkennen, denn Wunderwerke haben alle Propheten gewirkt zu allen Zeiten, die echten wie auch mitunter die falschen. Man kann also das nicht voraussetzen, daß die Wunder Christi die Pharisäer von Seiner Göttlichkeit und Herrlichkeit hätten überzeugen sollen.
[GS 2.101.11] Alle Propheten aber bis auf Ihn haben den Sabbat geheiligt, Er allein warf ihn über den Haufen. Mußte das nicht den Buchstabenerfüllern ein Ärgernis sein? Allerdings, und dennoch ließ der Herr nicht mit Sich handeln.
[GS 2.101.12] Was geht aber aus dem hervor? Nichts anderes, als daß der Herr die Haltung des Gebotes allein für sich betrachtet ganz unten ansetzt. Warum? Ein kleines Gleichnis aus deiner eigenen Sphäre wie aus der Sphäre eines jeden Menschen, der je in der Welt gelebt hat, soll dir die Antwort bringen:
[GS 2.101.13] Ein Vater hat zwei Kinder. Er hat diesen Kindern seinen Willen wie gesetzlich bekanntgegeben. Einen Acker und Weingarten zeigte er ihnen und sprach: Ihr seid kräftig geworden, und so verlange ich von euch, daß ihr für mich nun den Weingarten und den Acker fleißig bearbeitet. Aus eurem Fleiße werde ich erkennen, welcher von euch beiden mich am meisten liebt. Nun, das ist das Gesetz, laut welchem natürlich demjenigen Sohne, der den Vater am meisten liebt, des Vaters Herrlichkeit zuteil wird.
[GS 2.101.14] Was tun aber die beiden Söhne? Der eine nimmt den Spaten und sticht den ganzen Tag fleißig die Erde um und bestellt den Acker und den Weingarten. Der andere läßt sich bei der Arbeit mehr, wie man zu sagen pflegt, gut geschehen. Warum? Er spricht: Wenn ich auf dem Acker oder in dem Weingarten bin, da muß ich stets meinen lieben Vater entbehren, zudem bin ich nicht so herrlichkeitssüchtig wie mein Bruder. Habe ich nur meinen lieben Vater, kann ich nur um Ihn sein, der meinem Herzen alles ist, da frage ich wenig um eine oder die andere Zuteilung einer Herrlichkeit.
[GS 2.101.15] Der Vater sagt diesem zweiten Sohne auch dann und wann: Aber siehe, wie dein Bruder fleißig arbeitet und sucht sich meine Liebe zu verdienen. Der Sohn aber spricht: O lieber Vater! Wenn ich am Felde bin, da bin ich dir fern, und mein Herz läßt mich nicht ruhen, sondern spricht immer laut zu mir: Die Liebe wohnt nicht in der Hand, sondern im Herzen, daher will sie auch nicht mit der Hand, sondern mit dem Herzen verdient sein! Gib Du, Vater, meinem Bruder, der so emsig arbeitet, den Acker und den Weingarten. Ich aber bin von dir hinreichend beteilt, wenn du mir nur erlaubst, daß ich dich nach meiner Herzenslust allezeit lieben darf, wie ich dich lieben will und muß, weil du mein Vater, mein Alles bist.
[GS 2.101.16] Was wird nun da wohl der Vater sagen, und das aus dem innersten Grunde seines Herzens? Sicher nichts anderes als:
[GS 2.101.17] Ja, du mein geliebtester Sohn, dein Herz hat dir das meinige enthüllt; das Gesetz ist nur eine Prüfung. Aber mein Sohn, die Liebe steckt nicht im Gesetze, denn jeder, der das Gesetz allein hält, hält dasselbe aus Eigenliebe, um sich dadurch mit seiner Tatkraft Meine Liebe und Meine Herrlichkeit zu verdienen. Der aber also das Gesetz hält, der ist noch fern von Meiner Liebe, denn seine Liebe hängt nicht an Mir, sondern am Lohne.
[GS 2.101.18] Du aber hast dich umgekehrt, hast das Gesetz zwar nicht verschmäht, weil es dein Vater gegeben hat, aber du hast dich erhoben über das Gesetz, und deine Liebe führte dich über demselben zu deinem Vater zurück. Also soll denn auch dein Bruder den Acker und den Weingarten überkommen und in meine Herrlichkeit treten; du aber, mein geliebtester Sohn, sollst haben, was du gesucht hast, nämlich den Vater Selbst und alle Seine Liebe!
[GS 2.101.19] Ich meine, mein lieber Freund, aus diesem Gleichnisse wird es etwa doch handgreiflich klar sein, was da mehr ist, die allein trockene Gesetzhaltung oder deren Übergehung und das Ergreifen der alleinigen Liebe.
[GS 2.101.20] Sollte dir die Sache noch nicht völlig klar sein, da frage ich dich: So du Gelegenheit hättest, dir aus zwei Jungfrauen eine Braut zu wählen, von denen du zwar überzeugt wärest, daß dich beide lieben, aber noch nicht dessen völlig gewiß, welche dich am meisten liebt. Würdest du nicht sehr wünschen, zu erfahren, welche dich am meisten liebt, um sonach die dich am meisten Liebende zu wählen? Du sprichst: Das ist ganz klar; aber wie es anstellen, um das zu erfahren? Das wollen wir sogleich haben.
[GS 2.101.21] Siehe, zu der ersten kommst du hin. Sie ist emsig und tätig. Aus Liebe zu dir weiß sie sich aus lauter Arbeit nicht aus, und zwar aus lauter Arbeit für dich, denn sie macht für dich Hemden, Strümpfe, Nachtleibchen und noch mehr dergleichen Kleidungsstücke. Sie hat damit so vollauf zu tun, daß sie nicht selten aus lauter Arbeit kaum gewahr wird, wenn du zu ihr kommst. Siehe, das ist die erste. – Die zweite arbeitet sehr lässig. Sie arbeitet zwar auch für dich, aber ihr Herz ist zu sehr mit dir beschäftigt, als daß sie ihre Aufmerksamkeit der Arbeit spenden könnte. Besuchst du sie, und sie erblickt dich von weitem zu ihr kommend, da ist von einer Arbeit keine Rede mehr; denn da kennt sie nichts Höheres, nichts Verdienstlicheres als dich allein! Du allein bist ihr alles in allem, für dich gibt sie alle Welt! Sage mir, welche der beiden wirst du dir wählen?
[GS 2.101.22] Du sprichst: Lieber Freund! Um eine ganze Trillion ist mir die zweite lieber, denn was liegt mir an den paar Hemden und Strümpfen? Offenbar ist hier ersichtlich, daß mich die erste ja nur dadurch zu verdienen sucht, daß sie von mir die Anerkennung ihres Verdienstes erzwingen will. Die andere aber sucht mich zu erlieben. Sie ist über alle Verdienstlichkeit hinaus und kennt nichts Höheres als mich und meine Liebe. Diese würde ich auch zu meinem Weibe nehmen.
[GS 2.101.23] Gut, sage ich dir, mein lieber Freund, siehst du hier nicht deutlich das Wesen der Martha und der Maria? Siehst du, was der Herr zu der gesetzesbeschäftigten Martha spricht und was zu der müßigen Maria?
[GS 2.101.24] Aus dem aber kannst du auch ersehen, was der Herr über das Gesetz hinaus von jedem Menschen verlangt, und zugleich handgreiflich zu erkennen gibt, worin die Liebe des Menschen zu Gott besteht. – Aus eben dem Grunde verflucht der Herr sogar, erregt in Seinem Herzen, die Buchstabenerfüller des Gesetzes (die Pharisäer und Schriftgelehrten nämlich), lobt den sündigen Zöllner und macht den Dieben, Hurern und Ehebrechern das Himmelreich eher zugänglich als den trockenen Buchstabendreschern.
[GS 2.101.25] Daher frage ich, der Einwender, nun mit vollstem Rechte noch einmal, nach welchem Maßstabe man Gott über alles lieben soll? Habe ich den Maßstab, dann habe ich alles, habe ich aber den Maßstab nicht, dann liebe ich wie einer, der nicht weiß, was die Liebe ist. Daher noch einmal die Frage:
[GS 2.101.26] Wie soll man Gott über alles lieben? – Und ich, Johannes, sage: Gott über alles lieben heißt:
[GS 2.101.27] Gott über alles Gesetz hinaus lieben! – Wie das, soll die Folge zeigen. –

102. Kapitel – Wie man Gott über alles liebt.

[GS 2.102.1] Um aber gründlich zu erfahren und einzusehen, wie man Gott über das Gesetz hinaus lieben soll, muß man wissen, daß das Gesetz an und für sich nichts anderes als der trockene Weg zur eigentlichen Liebe Gottes ist.
[GS 2.102.2] Wer Gott in seinem Herzen zu lieben anfängt, der hat den Weg schon zurückgelegt; wer aber Gott nur durch die Haltung des Gesetzes liebt, der ist mit seiner Liebe noch immer ein Reisender auf dem Wege, allda keine Früchte wachsen und nicht selten Räuber und Diebe des Wanderers harren.
[GS 2.102.3] Wer aber Gott rein liebt, der liebt Ihn schon über alles! Denn Gott über alles lieben heißt ja: Gott über alles Gesetz hinaus lieben. Wer draußen am Wege ist, der muß fortwährend Schritt um Schritt weiterschreiten, um so auf die mühevollste Weise das vorgesteckte Ziel zu erreichen. Wer aber Gott alsogleich liebt, der überspringt den ganzen Weg, also das ganze Gesetz, und er liebt sogestalt Gott über alles.
[GS 2.102.4] Man dürfte hier vielleicht sagen: Das klingt sonderbar, denn nach unseren Begriffen heißt „Gott über alles lieben“: Gott mehr lieben als alles in der Welt. – Gut, sage ich und frage aber zugleich: Welchen Maßstab hat aber der Mensch dafür, um solch eine Liebe zu bemessen? Der Einwender hat diese Maßstäbe der für den Menschen höchst möglichen Liebe auf der Welt deutlich genug auseinandergesetzt und gezeigt, daß der Mensch auf diese Weise für die Über-alles-Liebe zu Gott durchaus keinen Maßstab hat.
[GS 2.102.5] Ich aber sage: Ist durch das gegebene Gesetz nicht alles dargetan, wie sich der Mensch in seiner Begierde zu den weltlichen Dingen zu verhalten hat? Im Gesetze sind sonach alle Dinge dargestellt, und daneben für die Liebe des Menschen die gerechte Beschränkung gegeben, nach der sich ein jeder Mensch zu den weltlichen Dingen zu verhalten hat.
[GS 2.102.6] Wenn aber nun jemand Gott über das Gesetz hinaus liebt, der liebt Ihn sicher auch über alle weltlichen Dinge hinaus, weil, wie gesagt, eben durch das Gesetz die Benutzung der weltlichen Dinge und das Verhalten zu denselben nach der göttlichen Ordnung dargestellt wird. Ein kurzer Nachtrag in vergleichender Stellung wird die ganze Sache sonnenklar machen.
[GS 2.102.7] Der Herr spricht zum reichen Jünglinge: „Verkaufe alles, teile es unter die Armen, und folge Mir!“ – Was heißt das? Mit anderen Worten nichts anderes als: So du, Jüngling, das Gesetz beobachtet hast, so erhebe dich nun über dasselbe, gib der Welt alle Gesetze und alle ihre Dinge zurück, und du bleibe bei Mir, so hast du das Leben!
[GS 2.102.8] Wer wird hier nicht erkennen, was Gott über das Gesetz hinaus lieben heißt?
[GS 2.102.9] Weiter spricht der Herr zu den Jüngern: „So ihr nicht werdet wie dies Kindlein, so werdet ihr nicht in das Reich Gottes eingehen.“ Was will denn das sagen? Nichts anderes als:
[GS 2.102.10] So ihr nicht wie dieses Kindlein, alles in der Welt nicht achtend, weder das Gesetz, noch die Dinge der Welt, zu Mir kommet und Mich wie dieses Kind mit aller Liebe ergreifet, so werdet ihr nicht in das Reich Gottes eingehen! Warum denn nicht? Weil der Herr Selbst wieder spricht: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!“ Wer also zu Mir, der Ich vollkommen eins bin mit dem Vater, kommen will, der muß durch Mich in den Stall oder das Reich Gottes eingehen.
[GS 2.102.11] Solange sonach jemand nicht den Herrn Selbst ergreift, so lange kann er nicht zu Ihm kommen, und wenn er gleich wie ein Fels tausend Gesetze unveränderlich beobachtet hätte. Denn wer am Wege noch ist, der ist noch nicht beim Herrn, wer aber beim Herrn ist, was sollte der noch mit dem Wege zu schaffen haben?
[GS 2.102.12] Aber hier unter euch gibt es Toren, und das zu vielen Hunderttausenden, die den Weg viel höher halten als den Herrn. Und wenn sie schon beim Herrn sind, so kehren sie wieder um und entfernen sich von Ihm, um nur am elenden Wege zu sein! Solche haben mehr Freude an der Knechtschaft, an der Sklaverei, an dem harten Joche als an dem Herrn, der jeden Menschen frei macht. Sein Joch ist überaus leicht und sanft Seine Bürde. Leicht das Joch, auf daß es im Zuge des Lebens nicht drücke am Nacken der Liebe zum Herrn und gar sanft die Bürde, welche ist das alleinige Gesetz der Liebe! – Weiter sehen wir ein Beispiel.
[GS 2.102.13] Der gerechte Pharisäer lobt sich selbst am Wege; aber der Zöllner findet den ganzen Weg überaus beschwerlich. Denn nimmer vermag er dessen Ziel zu überschauen. Er beugt sich daher zutiefst vor dem Herrn in seinem Herzen, erkennt seine Schwäche und Unfähigkeit, den Weg genau zu gehen. Dafür aber erfaßt er Gott den Herrn mit seinem Herzen und macht dadurch einen Riesensprung über den ganzen beschwerlichen Weg und erreicht dadurch sein Ziel!
[GS 2.102.14] Wer wird hier nicht mit den Händen greifen, was „den Herrn über alles lieben“ heißt? – Also gehen wir weiter. Die Martha ist am Wege, die Maria am Ziele! Hier braucht man kaum mehr darüber zu sagen, denn zu klar und deutlich zeigt sich hier, was „den Herrn über alles lieben“ heißt.
[GS 2.102.15] Wollen wir aber die Sache zum Überflusse noch klarer haben, da betrachten wir noch die Szene, wo der Herr den Petrus dreimal fragt, ob er Ihn liebe? – Warum fragt Er ihn denn dreimal? Denn der Herr wußte ja ohnehin, daß Ihn Petrus lieb hatte, und wußte auch, daß Ihm Petrus die drei gleichen Fragen alle mit demselben Herzen und demselben Munde gleichbedeutend beantworten wird. Das wußte der Herr. Nicht darum auch hat Er diese Frage an den Petrus gestellt, sondern darum, daß der Petrus bekennen sollte, daß er frei ist und den Herrn über alles Gesetz hinaus liebe. Und so bedeutet die erste Frage: „Petrus, liebst du Mich?“ – Petrus, hast du Mich gefunden auf dem Wege? – Solches bejaht Petrus, und der Herr spricht: „Weide Meine Schafe“, das heißt: Lehre auch die Brüder Mich also finden! – Die zweite Frage: Petrus, liebst du Mich? heißt: Petrus, bist du bei Mir, bist du an der Türe? – Der Petrus bejaht solches, und der Herr spricht: „Also weide Meine Schafe!“ oder: Also bringe auch die Brüder, daß sie bei Mir seien an der Türe zum Leben! – Und zum dritten Male fragt der Herr den Petrus: „Liebst du Mich?“ Das heißt so viel als: Petrus, bist du über alles Gesetz hinaus? Bist du in Mir wie Ich in dir? – Ängstlich bejaht Petrus solches, und der Herr spricht abermals: „Also weide Meine Schafe und folge Mir!“ Das heißt so viel als: Also bringe du auch die Brüder, daß sie in Mir seien und in Meiner Ordnung und Liebe wohnen gleich wie du.
[GS 2.102.16] Denn dem Herrn folgen heißt: in der Liebe des Herrn wohnen. Ich meine, mehr noch zu sagen, was Gott über alles lieben heißt, wäre überflüssig. Und da wir nun solches wissen und das Licht des Lichtes erkannt haben, so wollen wir uns sogleich in den zwölften und letzten Saal begeben.

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28. — Erklärung der drei ersten Gebote

[GEJ 7.28.1] Sagte die Helias: „Herr und Meister, mir fängt es an zu schwindeln vor dem, was Du mir nun gesagt hast! So Du also schon ganz sicher Der bist, von dem die Propheten also geweissagt haben, – was sollen wir armen Sünder dann nun vor Dir, o Herr, anfangen?“

2] Sagte Ich: 
Nichts als Meine Lehren anhören, 
sie behalten 
und danach leben, 
Gott lieben über alles und seinen Nächsten wie sich selbst, 

und ihr habt dadurch alle die sieben Geister Gottes in euch erweckt und dadurch erlangt das ewige Leben, wie Ich solches ehedem erklärt habe. – Bist du damit zufrieden?“

3] Sagte die Helias: „O Herr, o Jehova, wer sollte damit nicht zufrieden sein und wer nicht befolgen Deine Lehre und Deine allerliebevollsten Gebote?! Nur fragt sich hier dennoch, ob Du, o Herr, nun durch diese zwei Gebote der Liebe nicht die zehn Gesetze und die Propheten aufhebst, weil Du gesagt hast, daß in diesen zwei Geboten das ganze Gesetz Mosis und alle Propheten enthalten seien.“

4] Sagte Ich: „Du Meine liebe Helias, wie magst du um so etwas fragen? Wenn das Gesetz Mosis und alle Propheten in den zwei Geboten der Liebe enthalten sind, wie könnten sie da wohl je aufgehoben sein? Siehe, gerade wie der siebente euch wohl erklärte Geist Gottes im Menschen die sechs vorhergehenden Geister durchdringt und erfüllt und somit alle in sich aufnimmt, ebenso erfüllt die wahre Liebe zu Gott und zum Nächsten alle die vorhergehenden Gesetze Mosis und alle die Vorschriften und Ermahnungen der Propheten!

5] Wenn Moses sagt: ,Du sollst allein an einen Gott glauben und keine fremden und nichtigen Götter der Heiden neben dem rechten Gott haben!‘, da erfüllst du dieses erste Gebot Mosis ja dadurch mehr als vollkommen, so du Gott über alles liebst. Denn könntest du Einen Gott recht über alles lieben, wenn du zuvor nicht ungezweifelt von Ihm glaubtest, daß Er wahrhaft da ist?!

 So du aber durch deine Liebe zu Ihm mehr als tageshell und lebendig dartust, daß du an einen Gott glaubst, – wirst du aus deiner großen Liebe zu Ihm wohl imstande sein, Seinen Namen je irgend zu verunglimpfen, zu verunehren und zu entheiligen? Sicher ewig nicht! Denn was ein Mensch im höchsten Grade liebhat, das ehrt er auch stets am meisten, und er wird sogar gegen jeden bitter und sehr ernst auftreten, der es ihm gegenüber wagen würde, sein Allerliebstes irgend zu verunehren. Oder würde es dich nicht in hohem Grade empören in deinem Gemüte, wenn jemand deinen Vater, den du sehr liebhast, verunehren würde? So du aber nun Gott über alles liebst, wirst du da wohl je imstande sein, Seinen Namen irgend zu entheiligen?

6] Wenn du das nun so recht in dir betrachtest, so mußt du schon auf den ersten Blick darüber ganz im klaren sein, wie sowohl das erste als auch das zweite Gesetz Mosis in dem einen Gebote der Liebe zu Gott ganz enthalten sind.

7] So du, Meine liebe Helias, nun Gott ganz sicher über alles liebst und eben darum auch über alles ehrst, – wirst du dich da nicht gerne, und das sehr oft, von dem weltlichen Tagesgeschäft zurückziehen und dich mit dem Gegenstand deiner heißesten Liebe beschäftigen? Ja, ganz ungezweifelt wahr und sicher! Und siehe, darin besteht ja auch die wahrste und rechteste und vor Gott allein gültige Feier des Sabbats, die Moses befohlen hat! Denn an dem Tage selbst liegt wenig oder auch gar nichts, sondern allein daran, daß du am Tage oder in der Nacht in der Liebe und Ruhe deines Herzens gern an Gott denkst und dich mit Ihm unterhältst. Und siehe, wie auch das dritte Gebot Mosis in dem einen Gebote der Liebe zu Gott enthalten ist!

8] Wer sonach Gott wahrhaft über alles liebhat, der hat Ihn auch sicher erkannt und hat einen lebendigen Glauben, gibt Gott auch alle Ehre und wird Seiner sicher stets am meisten gedenken. Und wer das tut, der kann keine Sünde gegen Gott begehen. Oder kann wohl eine Braut gegen ihren Bräutigam, den sie über die Maßen liebhat und von dem sie wohlwissentlich noch mehr geliebt wird, irgendeine Sünde begehen? Nein, das sicher nicht, weil beide in ihrem Herzen völlig eins geworden sind eben durch die Liebe! Wer aber Gott wahrhaft über alles liebt und also durch die Liebe eins geworden ist mit Ihm, der wird auch seine Nebenmenschen als ihm ebenbürtige Kinder Gottes ebenso lieben, wie er sich selbst liebt, und wird ihnen das tun, was er mit klarer Vernunft will, daß die Menschen ihm tun möchten.“

 
Swedenborg:

Die Zehn Gebote schließen alles in sich, was zur Liebe Gottes und zur
Nächstenliebe gehört

329. In acht Vorschriften der Zehn Gebote, in der
ersten, zweiten, fünften, sechsten, siebenten, achten, neunten und
zehnten, wird nichts gesagt, was zur Liebe gegen Gott und zur
Nächstenliebe gehört; denn es wird nicht gesagt, daß Gott geliebt,
und daß der Name Gottes geheiligt werden soll, auch nicht, daß man den
Nächsten lieben, somit nicht, daß man redlich und gerade mit ihm
verfahren solle,
sondern nur: ‚es soll kein anderer Gott vor Meinem
Angesicht sein, du sollst den Namen Gottes nicht ins Eitle ziehen,
nicht morden, nich t Unzucht treiben, nicht stehlen, nicht fa lsch
zeugen, dich nicht gelüsten lassen dessen, was des Nächsten ist‘;

somit im allgemeinen, daß man das Böse nicht wollen, denken und tun soll
weder gegen Gott, noch wider den Nächsten.

Der Grund aber, warum nicht solches geboten ist, was unmittelbar zur
Liebe und Liebtätigkeit gehört, sondern bloß, man solle nicht solches
tun, was ihnen entgegengesetzt ist, liegt darin,

daß inwieweit der Mensch das Böse als Sünde flieht,
er insoweit das Gute will, das Sache der Liebe und Liebtätigkeit ist.

Daß das erste der Liebe zu Gott und der Liebe gegen
den Nächsten ist, das Böse nicht zu tun, und ihr zweites, das Gute
zu tun, wird man im Kapitel von der Liebtätigkeit sehen.

Es gibt zwei einander entgegengesetzte Arten der Liebe:
die Liebe, das Gute zu wollen und zu tun,
und die Liebe, das Böse zu wollen und zu tun;
diese Liebe ist höllisch, jene Liebe aber ist himmlisch;
denn die ganze Hölle ist in der Liebe, das Böse zu tun,
und der ganze Himmel ist in der Liebe, das Gute zu tun.

Da nun der Mensch in Böses aller Art geboren ist, somit
von Geburt her sich zu dem hinneigt, was der Hölle eigen ist,

und da er nicht in den Himmel kommen kann, wofern er nicht von 
neuem geboren, das heißt, wieder geboren wird,

so ist notwendig, daß das Böse, das der Hölle angehört, 
erst entfernt werde, bevor er das Gute wollen kann, das
dem Himmel eigen ist;

denn niemand kann vom Herrn an Kindes Statt
angenommen werden, bevor er vom Teufel geschieden wird.

Wie aber das
Böse entfernt und der Mensch zum Guten geführt wird, soll in zwei
Kapiteln, einem von der ‚Buße‘, und dem anderen von der ‚Umbildung
und Wiedergeburt‘ nachgewiesen werden.

Daß zuerst das Böse entfernt werden muß, bevor das Gute, das der Mensch
tut, zum Guten vor Gott wird, lehrt der Herr bei Jes.1/16-18:
Waschet euch, reinigt euch, tut weg die Bosheit eurer Werke von Meinen
Augen, lernt Gutes tun, denn ob auch eure Sünden wie Scharlach wären,
sie sollen schneeweiß wer den, ob sie rot wie Purpur wären, sie sollen
wie die Wolle wer den“.

Dieser ähnlich ist auch die Stelle bei Jer.7/2- 4,9-11:
„Stehe an das Tor des Hauses Jehovahs, und rufe daselbst aus dies Wort:
So sprach Jehovah Zebaoth, der Gott Israels:
Machet eure Wege gut und eure Werke, trauet nicht den Worten der Lüge,
welche sprechen: Tempel des Jehovah, Tempel des Jehovah, Tempel des
Jehovah hier (das ist die innerliche Kirche), wollt ihr wohl nach dem
Stehlen, Morden, Ehebrechen und dem lügenhaften Schwören noch kommen
und vor Mir in diesem Hause, über dem Mein Name genannt wird, stehen
und sprechen: "Wir sind errettet", während ihr doch alle diese
Greuel tut? Ist denn zur Räuberhöhle dieses Haus geworden? Doch auch
Ich, siehe, Ich habe es gesehen, Jehovahs Spruch“.

Daß vor der Waschung oder Reinigung vom Bösen die Gebete zu Gott nicht
gehört werden, wird auch gelehrt bei Jes.1/4,15:
„Jehovah spricht: O weh der sündigen Völkerschaft, dem
Volke schwer von Missetat, sie haben sich rückwärts abgewandt; daher
obschon ihr eure Hände ausstreckt, verberge Ich vor euch Meine Augen, 
obgleich ihr des Gebetes viel macht, höre Ich nicht“. 
Daß bei dem, der die Vorschriften der Zehn Gebote hält, indem er das Böse flieht,
die Liebe und Liebtätigkeit nachfolgen, erhellt aus folgenden Worten
des Herrn bei Joh.14/21, 23: 

„Jesus sagte: 
Wer Meine Gebote hat und sie tut, der ist es, der Mich liebt, 
wer aber Mich liebt, wird von Meinem Vater geliebt, 
und Ich werde Ihn lieben und Mich ihm offenbaren, 
und wir werden Wohnung bei ihm machen“; 

unter den Geboten werden hier insbesondere die Vorschriften der Zehn 
Gebote verstanden, welche sind, daß man das Böse nicht tun, noch 
begehren soll, und daß so die Liebe des Menschen zu Gott und die Liebe 
Gottes zum Menschen nachfolgen, wie das Gute, nachdem das Böse 
entfernt worden ist. 

330. Oben wurde bemerkt, inwieweit der Mensch das Böse fliehe, 
insoweit wolle er das Gute. 
Der Grund ist: weil das Gute und das Böse Gegensätze sind;
denn das Böse ist aus der Hölle und das Gute ist aus dem Himmel; 
inwieweit daher die Hölle, das heißt, das Böse entfernt wird, insoweit
naht sich der Himmel und hat der Mensch sein Absehen auf das Gute. 
Daß dem so sei, stellt sich deutlich heraus an acht Vorschriften der Zehn
Gebote, wenn man sie aus diesem Gesichtspunkt betrachtet, als: 

I. Inwieweit jemand nicht andere Götter verehrt, insoweit verehrt er 
den wahren Gott. 
II. Inwieweit jemand nicht den Namen Gottes ins Eitle zieht,
insoweit liebt er das, was von G ott ist. 
III. Inwieweit jemand nicht morden, noch aus Haß und Rache handeln 
will, insoweit will er dem Nächsten wohl. 
IV . Inwieweit jemand nicht Unzucht treiben will, insoweit will er 
keusch mit seinem Weibe leben. 
V . Inwieweit jemand nicht stehlen will, insoweit folgt er der Redlichkeit. 
VI. Inwieweit jemand nicht falsch zeugen will, insoweit will er das 
Wahre denken und reden. 
VII. und VIII . Inwieweit j emand nicht begehrt was des Nächsten ist, 
insoweit will er , daß dem Nächsten aus dem Seinigen wohl sei. 

Hieraus erhellt, daß die Vorschriften der Zehn Gebote alles in sich 
enthalten, was zur Liebe gegen Gott und zur Nächstenliebe gehört; 

weshalb Paulus sagt: „Wer den anderen liebt, hat das Gesetz
erfüllt; denn jenes: du sollst nicht Unzucht treiben, nicht morden,
nicht stehlen, nicht falsch zeugen, dich nicht gelüsten lassen, und so
ein ander Gebot mehr ist, das faßt sich in diesem Wort zusammen:
du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst; die Liebe tut dem 
Nächsten nichts Böses. Des Gesetzes Erfüllung ist also die Liebe“:
Rö.13/8-10. 

Diesem sind noch zwei Regeln, die für die neue (nnerliche) Kirche
dienen, beizufügen: 
I. Niemand kann das Böse als Sünde fliehen, 
noch das Gute, das vor Gott gut ist, aus sich tun; 
inwieweit aber jemand das Böse als Sünde flieht, 
in soweit tut er das Gute nicht aus sich, sondern aus dem Herrn. 
II. Der Mensch soll das Böse als Sünde fliehen und
gegen dasselbe kämpfen wie von sich; 
und wenn jemand das Böse aus irgendeinem anderen Grunde flieht, 
als weil es Sünde ist, so flieht er es nicht, sondern macht nur, 
daß es nicht vor der Welt erscheint. 

331.
Daß das Böse und das Gute nicht beisammen sein können

und daß man insoweit, als das Böse entfernt wird, 
sein Absehen auf das Gute hat und es fühlt
hat seinen Grund darin, 
daß in der geistigen Welt aus jeglichem eine Sphäre seiner Liebe hervorwallt
welche sich rings umher verbreitet und anregt, 
und Sympathien und (oder) Antipathien erzeugt;

durch diese Ausströmungen werden die Guten von den Bösen geschieden.

Daß das Böse entfernt werden muß, 
bevor das Gute erkannt, wahrgenommen und geliebt wird, 
kann mit vielen Dingen in der natürlichen Welt verglichen werden, 
wie z. B. mit folgenden: 

Es kann keiner zu einem anderen, 
der einen Leoparden und einen Panther in seinem Zimmer
verwahrt, und weil er ihnen zu fressen gibt, sicher mit ihnen zusammen 
wohnt, hineintreten, wenn er nicht vorher diese wilden Tiere
entfernt hat. 

Wer, der zur Tafel des Königs und der Königin geladen ist, 
wäscht nicht erst Angesicht und Hände , bevor er sich hinbegibt;

und wer tritt ins Brautgemach mit der Braut nach der Hochzeit ein, ohne
sich erst ganz gewaschen und ein Hochzeitgewand angelegt zu haben? 

Wer reinigt nicht die Erze durch das Feuer, und scheidet sie von den
Schlacken, bevor er reines Gold und Silber gewinnt? 

Wer sondert nicht das Unkraut von der Weizenernte, bevor er diese in 
die Scheune bringt? 

Und wer schlägt nicht die Spelzen von der Gerstenernte 
mit Dreschflegeln ab, bevor er diese ins Haus sammelt? 

Wer schäumt nicht
erst das rohe Fleisch beim Kochen ab, bevor es eßbar und auf die 
Tafel gesetzt wird? 

Wer schüttelt nicht die Raupen von den Blättern der
Bäume im Garten, damit die Blätter nicht verzehrt werden, und so die 
Frucht nicht verlorengehe? 

Wem ist nicht der Schmutz in den Häusern und Vorhöfen zuwider, 
und wer reinigt sie nicht, besonders we nn der
Fü rst erwartet wi rd, oder die Braut, des Fürsten T ochter? 

Wer liebt
eine Jungfrau und beabsichtigt sie zu heiraten, während sie doch mit
bösartiger Seuche behaftet, oder mit Blattern und Geschwüren überdeckt
ist, wie sehr sie auch das Gesicht schminkt, sich prächtig kleidet,
und durch einschmeichelnde Worte Liebe zu erwecken sucht. 

Daß der Mensch sich selbst vom Bösen reinigen, 
und nicht erwarten soll, daß der Herr dies unmittelbar tue

ist ver gleichsweise so, wie wenn ein Knecht mit von Ruß und Kot 
besudeltem Gesicht und Kleid einher gehend zu seinem Herrn träte 
und sagte: Herr, wasche mich ab! 
Würde nicht der Herr zu ihm sagen: 
Törichter Knecht, was sprichst du? Siehe, hier ist Wasser , Seife 
und Leintuch; hast du nicht Hände und Kraft in ihnen? 
Wasche dich selbst ab! 

und Gott der Herr wird sagen: 
‚Es gibt Mittel der Reinigung von Mir, 
und auch dein Wollen und dein Können ist von Mir; 
gebrauche also diese Meine Geschenke und Gaben wie die deinigen, 
so wirst du rein werden‘, 
und so weiter . 

Daß der äußere Mensch gereinigt werden müsse, 
jedoch durch den inneren, lehrt der Herr bei Matthäus Kap.23 
von Anfang bis zu Ende.
 
Offenbarung Johannis. 
Kapitel 11
Kommentare u.a. von Emanuel Swedenborg

Die beiden Zeugen (Liebe und Wahrheit)

Es wird noch von der Beschaffenheit derjenigen gehandelt, die innerlich im bloßen Glauben gegen die zwei wesentlichen Wahrheiten der neuen (innerlichen) Kirche sind, daß nämlich 
  • der Herr allein der Gott des Himmels und der Erde und Sein Menschliches göttlich sei, 
  •  und daß man nach den Vorschriften der Zehn leben müsse. 
Daß diese beiden vor ihnen gepredigt worden: V. 3-6, 
daß sie aber gänzlich verworfen worden: V. 7- 10, 
daß sie vom Herrn wieder auferweckt worden: V. 11,12. 
Daß diejenigen verlorengegangen seien, die sie verworfen hatten: V. 13. 

Die siebente Posaune

Daß aus dem neuen Himmel der Zustand der neuen Kirche geoffenbart worden sei: V. 15-19. 

(V. 1) Und es wurde mir ein Rohr gegeben, ei
nem Stabe gleich, bede
utet, daß die Fähigkeit
und Macht gegeben worden sei, den Zustand der Kirche im Himmel und in der Welt zu erkennen
und zu sehen; und der Engel stand dabei und sprach: Steh auf und miß den Tempel Gottes und
den Altar und die an ihm anbeten, bedeutet, die
Gegenwart des Herrn und Seinen Befehl, daß er
den Zustand der Kirche im neuen Himmel sehen und erkennen solle.
(V. 2) Und den Vorhof, der außerhalb des Te
mpels ist, wirf hinaus und miß ihn nicht,
bedeutet, daß der Zustand der Kirche auf Erden,
so wie er jetzt noch ist, entfernt und nicht
untersucht werden solle; denn er ist den Heiden gegeben, bedeutet, weil diese Kirche durch das
Böse des Lebens verdorben und verwüstet ist;
und sie werden die heilige Stadt zertreten zweiund-
vierzig Monate lang, bedeutet, daß sie alles Wahre
des Wortes zerstreut habe, so daß nichts mehr
davon übrig ist.
(V. 3) Und Meinen zwei Zeugen will Ich ge
ben, bedeutet diejenigen, welche bekennen und
von Herzen anerkennen, daß der Herr der Gott des Himmels und der Erde und Sein Menschliches
göttlich sei, und welche durch ein den Vorschriften der Zehn Gebote gemäßes Leben mit ihm
verbunden werden; und sie sollen weissagen tause
ndzweihundert (und sechzig) Tage, bedeutet,
daß diese zwei, die Anerkennung
des Herrn und das den Vorschriften der Zehn Gebote gemäße
Leben, welche die zwei wesentlichen Punkte
der neuen Kirche sind, bis zum Ende und Anfang
gelehrt werden sollen; angetan mit Säcken, bede
utet, die Trauer währe
nd dieser Zeit wegen der
Nichtannahme des Wahren.
(V. 4) Diese sind die zwei Oliven und die zwei
Leuchter, die vor dem Gott der Erde stehen,
bedeutet, die Liebe und di
e Einsicht oder die Liebetätigkeit
und den Glauben aus dem Herrn bei
ihnen.
(V. 5) Und wenn jemand ihnen schaden will, so geht Feuer aus ihrem Munde und verzehrt
ihre Feinde, bedeutet, daß, wer diese zwei wesentlichen Stücke der neuen Kirche zerstören will,
durch höllische Liebe zugrunde gehe; und wenn jemand ihnen Schaden zufügen will, so muß er
auf dieselbe Weise getötet werden, bedeutet,
daß, wer dieselben verdamme, auf gleiche Weise
verdammt werde.
(V. 6) Diese haben Macht, den Himmel zu verschließen, damit kein Regen herabfalle in den
Tagen ihrer Weissagung, bedeutet, daß die, welche
sich von diesen zwei wesentlichen Stücken
abwenden, nichts Wahres aus dem Himmel aufnehmen können; und haben Macht über die
Wasser, sie in Blut zu verwa
ndeln, bedeutet, daß die, welche sich davon abwenden, das Wahre
des Wortes verfälschen; und die Erde zu schlagen
mit jeglicher Plage, so oft sie wollen, bedeutet,
daß die, welche dieselben zerstören wollen, sich
selbst in alle Arten des Bösen und Falschen
stürzen, so oft und so weit sie es tun.
(V. 7) Und wenn sie ihr Zeugnis abgelegt ha
ben, bedeutet, nachdem der Herr jene zwei
wesentlichen Stücke der neuen Kirche gelehrt; wird das Tier, das aus dem Abgrund aufsteigt,
Krieg mit ihnen führen und wird
sie überwinden und wird sie töten,
bedeutet, daß die, welche im
Inneren der Lehre vom bloßen Glauben sind,
jene zwei Stücke verwerfen werden.
(Vers 8) Ihre Leiber (werden liegen) auf der Gasse der großen Stadt, bedeutet, daß sie
gänzlich verworfen worden seien; welche geistig
Sodom und Ägypten heißt, bedeutet, die beiden
höllischen Grundneigungen, nämlich die Herrschsucht, entspringend aus der Liebe zu sich, und
die Regiersucht, entspringend aus dem Stolz auf ei
gene Einsicht, die sich in einer Kirche finden,
in der Gott nicht
einer
ist und der Herr nicht verehrt wird
und wo man nicht nach den Vor-
schriften der Zehn Gebote lebt; wo auch unser He
rr gekreuzigt worden, bedeutet, die Nichtan-
erkennung der göttlichen Menschheit des Herrn, mithin den Zustand der Verwerfung.
(V. 9) Und (viele) von den Völkern und Stämmen und Zungen und Völkerschaften werden
sehen ihre Leiber drei und einen halben Tag, be
deutet, wann alle, die im Falschen der Lehre und
im Bösen des Lebens infolge des bloßen Glaube
ns waren und sein werden, bis ans Ende der
Kirche, welche noch ist, bis zum Anfang der neuen, von jenen zwei wesentlichen Stücken gehört
haben und hören werden; und werden nicht zugeben,
daß man ihre Leiber in Gräber lege, bedeu-
tet, daß sie dieselben verdammt haben und verdammen werden.
(V. 10) Und die auf Erden wohnen, werden si
ch darüber freuen und frohlocken, bedeutet,
das Angenehme der Neigung des Herzens und der Seele in der Kirche bei denen, die im bloßen
Glauben waren; und werden eina
nder Geschenke senden, bedeutet,
sie werden sich durch Liebe
und Freundschaft verbinden; weil jene zwei
Propheten gequält hatten, die auf Erden wohnen,
bedeutet, daß jene zwei wesentlichen Stücke der neuen Kirche wegen ihres Gegensatzes zu den
zwei wesentlichen Stücken, welche in der Kirc
he der Protestanten angenommen sind, ein Gegen-
stand der Verachtung, eine
Last und ein Abscheu seien.
(V. 11) Und nach dreien und einem halben Tage kam der Geist des Lebens aus Gott in sie,
und sie standen auf ihren Füßen, bedeutet, daß je
ne zwei wesentlichen Lehren beim Anfang und
Fortgang der neuen Kirche in denen, die sie aufnehmen, vom Herrn belebt werden; und große
Furcht überfiel die so es sahen,
bedeutet, die Unruhe der Seele
und das Bestürztwerden durch die
göttlichen Wahrheiten.
(V. 12) Und sie hörten eine starke Stimme
aus dem Himmel zu ihnen sprechen: Steiget
herauf!, bedeutet, daß jene zwei wesentlichen Stücke der neuen Kirche vom Herrn in den Him-
mel, aus dem sie stammen und in dem sie
sind, erhoben und dort beschützt werden; und sie
stiegen auf in den Himmel in einer Wolke,
bedeutet, die Erhebung
in den Himmel und die
Verbindung mit dem Herrn daselbst durch das göttlich Wahre des Wortes in dessen buchstäbli-
chem Sinne; und ihre Feinde sahen sie, bedeutet
, daß die, welche in dem von der Liebtätigkeit
getrennten Glauben sind, es
hörten, gleichwohl aber in ihrem Falschen blieben.
(V. 13) Und zu derselben Stunde entstand ein großes Erdbeben,
und der zehnte Teil der Stadt
fiel, bedeutet, daß alsdann eine außerordentliche
Zustandsveränderung bei ihnen erfolgt, und sie
aus dem Himmel fortgerissen und in die Hölle gewo
rfen worden seien; und es kamen um in dem
Erdbeben siebentausend Namen der Menschen, bedeut
et, daß alle die, welche den bloßen Glauben
bekannt und deshalb die Werke der Liebe zu nich
ts gemacht hatten, verlorengegangen seien; und
die übrigen wurden erschreckt und gaben Herrlic
hkeit dem Gott des Himmels, bedeutet, daß die,
welche ihren Untergang sahen, den Herr
n anerkannten und abgesondert wurden.
(V. 14) Das zweite Wehe ist vorüber: siehe, das dritte Weh kommt schnell, bedeutet, die
Wehklage über den verkehrten Zustand der Kirche und dann die letzte Wehklage, von der nachher
die Rede ist.
(V. 15) Und der siebente Engel stieß in
die Posaune, bedeutet, die Untersuchung und
Offenbarung des Zustandes der Kirche nach der Vollendung, zur Zeit der Ankunft des Herrn und
Seines Reiches; und es ließen sich laute Stimme
n im Himmel hören, welche riefen: Es sind die
Reiche der Welt unseres Herrn und Seines Christ
us geworden, und Er wird regieren in die
Zeitläufe der Zeitläufe, bedeutet, die Lobpreisungen der Engel, daß der Himmel
und die Kirche
des Herrn geworden seien, wie sie es von Anfang waren, und daß sie nun auch Seines Göttlich-
Menschlichen geworden seien, daß also der Herr nun nach beiden über den Himmel und die
Kirche herrschen werde in Ewigkeit.
(V. 16) Und die vierundzwanzig Ältesten, welc
he vor Gott auf ihren Thronen sitzen, fielen
auf ihre Angesichte und beteten Gott an, bedeutet, die Anerkennung aller Engel des Himmels, daß
der Herr der Gott des Himmels und der Erde sei, und die tiefste Anbetung.
(V. 17) Und sprachen: Wir danken Dir, Herr,
Gott, Allmächtiger! Der Du bist, und Der Du
warst, und Der Du kommen wirst, bedeutet, das
Bekenntnis und die Verherrlichung von seiten der
Engel des Himmels, daß es der Herr sei, Welcher
Ist, Welcher lebt und Macht hat aus Sich selbst,
und alles regiert, weil Er allein der Ewige und Unendliche ist; daß Du Deine große Macht
angenommen und das Reich angetreten hast, bede
utet, den neuen Himmel und die neue Kirche, in
denen man Ihn als den alleinigen Gott anerkennen wird.
(V. 18) Und die Völkerschaften sind zornig ge
worden, bedeutet, daß die, welche im bloßen
Glauben und aus diesem im Bösen des Lebens si
nd, sich erzürnten und diejenigen anfeindeten,
die gegen ihren Glauben sind; und gekommen ist De
in Zorn und die Zeit, die Toten zu richten,
bedeutet, ihren Untergang und das Letzte Gericht über die, welche kein geistiges Leben haben;
und den Lohn zu geben Deinen Knechten, den Pr
opheten, und den Heiligen, bedeutet, die Selig-
keit des ewigen Lebens denen, die in den Wahrheiten der Lehre aus dem Worte und in einem
ihnen gemäßen Leben sind; und
denen, die Deinen Namen fürc
hten, den Kleinen und Großen,
bedeutet, welche lieben, was des Herrn ist, in
geringerem und höherem Grade; und zu verderben,
die das Land verderben, bedeutet,
das Hinabstoßen derer in die Hölle, welche die Kirche zerstört
haben.
(V. 19) Und geöffnet ward der Tempel Gottes im Himmel, und gesehen ward die Lade
Seines Bundes in Seinem Tempel, bedeutet, den
neuen Himmel, in dem man den Herrn in Seinem
Göttlich-Menschlichen verehrt und nach den Vorschriften Seiner Zehn Gebote lebt, welche die
zwei wesentlichen Stücke der neuen Kirche
sind, durch die eine Verbindung geschieht; und es
erfolgten Blitze und Stimmen, und Donner und Erdbeben, und großer Hagel, bedeutet, die
Vernünfteleien, die Bewegungen
und die Verfälschungen des Guten und Wahren, die sich alsdann
in den unteren Örtern gezeigt.

 
Weisheits- und Willensschulen



Lesen: Entsprechungen herauslesen - den Sinn jeder Figuration erkennen



[NS 31.11] Können sie nun das alles in gerechter Fertigkeit, dann fangen sie erst an, gewisserart Lesen und Schreiben zu lernen; welches letztere an und für sich nichts anderes ist, als bei euch (freilich wohl in sehr ungeschicktem Sinne dagegen genommen) das Zeichnen und Malen. Das Lesen aber besteht in dem, daß sie sich mit den Entsprechungen aller sichtbaren Dinge bekannt machen und sonach aus der Figuration eines jeden Dinges den innern Sinn erkennen müssen. Und dann müssen sie aber auch durch eigene Zusammensetzung der verschiedenen Dinge einen neuen, willkürlichen Sinn in dieselben legen können. Erstes lernen sie durch das Lesen und Zweites durch das Schreiben.

 
I GING - 11. Tai - Der Friede

Oben Trigramm Erde
Unten Trigramm Himmel
Kernzeichen oben Dschen
Kernzeichen unten Dui

Die Herren des Zeichens sind die Neun auf zweitem Platz und die Sechs auf fünftem Platz. Der Sinn des Zeichens ist, daß Obere und Untere vereinigt sind und gemeinsamen Willen haben. Die Neun auf zweitem Platz erfüllt vollkommen die Pflichten des Beamten in Beziehung zum Herrscher, und die Sechs auf fünftem Platz erfüllt vollkommen die Pflichten des Herrschers in Beziehung zu den Untergebenen. Die beiden Linien sind sowohl die konstituierenden als auch die beherrschenden Herren des Zeichens.

Die Reihenfolge
Sitte und Zufriedenheit, dann herrscht Ruhe, darum folgt darauf das Zeichen: der Friede. Friede bedeutet Verbindung, Zusammenhang.
Das chinesische Wort Tai ist nicht leicht zu übersetzen. Es bedeutet Zufriedenheit, Ruhe, Friede, und zwar im positiven Sinn daß eine ungehinderte durchgehende Verbindung da ist, die Blüte und Größe bewirkt. Die Bewegungsrichtung des unteren Zeichens Kiën geht nach oben, die des oberen Kun geht nach unten, so kommen sie einander entgegen.
Das Zeichen ist dem ersten Monat (Februar-März) beigeordnet.

Vermischte Zeichen
Die Zeichen Stockung und Frieden sind ihrer Art nach entgegengesetzt.

Das Urteil
Der Friede. Das Kleine geht hin, das Große kommt her.
Heil! Gelingen!

Kommentar zur Entscheidung
Der Friede: Das Kleine geht hin, das Große kommt her. Heil! Gelingen!

Auf diese Weise vereinigen sich Himmel und Erde, und alle Wesen kommen in Verbindung.
Obere und Untere vereinigen sich, und ihr Wille ist gemeinsam.

Innen ist das Lichte, außen das Schattige, innen Stärke und außen Hingebung, innen der Edle und außen der Gemeine. Der Weg des Edlen ist im Wachsen, der Weg des Gemeinen im Abnehmen.
Das Zeichen in seiner Gesamterscheinung als Monatszeichen wird so aufgefaßt, daß die starken Striche, die von unten eingetreten sind, im Aufsteigen sind, während die schwachen Striche oben sich aus dem Zeichen zurückziehen. Daher das Kleine geht hin, das Große kommt her.
Eine andere Auffassung ergibt sich aus der Bewegung der beiden Halbzeichen gegeneinander. Das untere, aufsteigende ist Kiën, der Himmel. Das obere, sinkende ist Kun, die Erde. So vereinigen sich die beiden Urmächte, und alle Dinge kommen in Verbindung und Entwicklung – entsprechend dem Zustand zu Beginn des Jahres.
Auf das Gebiet der Menschenwelt übertragen, in besonderer Beziehung auf die beiden Striche auf dem fünften Platz, der den Fürsten darstellt, und dem zweiten Platz, der den Beamten darstellt, ergibt sich eine Einheit zwischen Hohen und Niedrigen, deren Willen auf ein gemeinsames Ziel gerichtet ist. Eine weitere Überlegung ergibt sich aus der Stellung der beiden Halbzeichen
innen (d. h. unten) und außen (d. h. oben). Innen ist die Yangkraft, außen die Yinkraft. Hier ist ein Gradunterschied zwischen der herrschenden Yangkraft im Zentrum und der abhängigen Yinkraft an der Peripherie angedeutet; das ist näher ausgeführt durch die respektiven Eigenschaften der Stärke und Hingebung. Auch diese Stellung ist für beide Teile heilvoll. Eine weitere Überlegung ergibt sich, aufs politische Gebiet übertragen, aus dem Wertunterschied der durch die lichten Striche symbolisierten Edlen und der durch die dunklen Striche symbolisierten Gemeinen. Die Guten sind im Zentrum der Macht und des Einflusses, die Gemeinen sind draußen, dem Einfluß der Guten unterstellt. Auch das ist zum Heil des Ganzen.
Von der Bewegung des Zeichens als Ganzem aus ergibt sich schließlich ein sieghaftes Aufsteigen der Prinzipien des Guten und ein Sichzurückziehen und Unterliegen der Prinzipien der Gemeinen.
Das alles ist nicht willkürlich gemacht, sondern liegt in der Zeit. Es ist Frühlingszeit im Jahr und in der Geschichte, die durch dieses Zeichen dargestellt wird.

Das Bild
Himmel und Erde vereinigen sich: das Bild des Friedens.
So teilt und vollendet der Herrscher
den Lauf von Himmel und Erde,
verwaltet und ordnet die Gaben von Himmel und Erde
und steht so dem Volke bei.
Die menschliche Tätigkeit muß in Zeiten des Blühens die Natur unterstützen. Sie muß eingeschränkt werden, wie die Erde die Wirkungen des Himmels einschränkt, um das Übermaß zu regeln. Auf der andern Seite muß sie gefördert werden, wie der Himmel die Gaben der Erde fördert, um Ungenügendes auszugleichen. Auf diese Weise kommt der Segen der Natur dem Volk zugute. Das Wort beistehen heißt wörtlich zur Linken und Rechten sein, was wiederum aus der Richtung von Yang (rechts) und Yin (links) hervorgeht.

Die einzelnen Linien

Anfangs eine Neun bedeutet:
  1. Zieht man Bandgras aus, so geht der Rasen mit.
    Jeder nach seiner Art. Unternehmungen bringen Heil.
  2. Zieht man Bandgras aus... Unternehmungen bringen Heil.
    Der Wille ist nach außen gerichtet.
Die drei Striche des unteren Zeichens Kiën gehören zusammen und schreiten miteinander fort. Der unterste Platz legt den Gedanken des Rasens nahe. Die Sechs auf viertem Platz vereinigt sich mit der Anfangsneun, daher bringt Hingehen – Unternehmungen – Heil.
Neun auf zweitem Platz bedeutet:
  1. Die Ungebildeten in Milde tragen,
    entschlossen den Fluß durchschreiten,
    das Ferne nicht vernachlässigen,
    die Genossen nicht berücksichtigen:
    so mag man es fertigbringen, in der Mitte zu wandeln.
  2. Die Ungebildeten in Milde tragen...
    So mag man es fertigbringen, in der Mitte zu wandeln
    , weil das Licht groß ist.
Das Zeichen Kiën umfaßt Kun, trägt das Ungebildete in Milde. Entschlossen den Fluß durchschreiten muß der Strich als unterster des Kernzeichens Dui, das Wasser bedeutet. Der Strich muß die dazwischenliegenden überschreiten, um mit Sechs auf fünftem Platz sich zu vereinigen. Die Fernen sind symbolisiert durch die obere Sechs, die Freunde sind die beiden starken Striche von Kiën. Sie werden nicht berücksichtigt, weil Neun auf zweitem Platz sich mit Sechs auf fünftem Platz vereinigt. So mag man es fertigbringen, in der Mitte zu wandeln. Nach einer besonderen Erklärung: So erhält man Hilfe – nämlich von Sechs auf fünftem Platz –, in der Mitte zu wandeln.
Neun auf drittem Platz bedeutet:
  1. Keine Ebene, auf die nicht ein Abhang folgt,
    kein Hingang, auf den nicht die Wiederkehr folgt.
    Ohne Makel ist, wer beharrlich bleibt in Gefahr.
    Beklage dich nicht über diese Wahrheit,
    genieße das Glück, das du noch hast.
  2. Kein Hingang, auf den nicht die Wiederkehr folgt: das ist die Grenze von Himmel und Erde.
Der Strich ist in der Mitte des Zeichens, auf der Grenze zwischen Himmel und Erde, zwischen Yang und Yin. Da legt sich der Gedanke des Rückschlags nahe. Aber der Strich ist sehr stark. Daher soll er nicht traurig sein, sondern nur stark und das Glück genießen (das Kernzeichen Dui, in dessen Mitte der Strich steht, bedeutet Mund, daher genießen, essen), das jetzt noch da ist.
Sechs auf viertem Platz bedeutet:
  1. Er flattert hernieder, nicht pochend auf Reichtum,
    zusammen mit seinem Nächsten, arglos und wahrhaftig.
  2. Er flattert hernieder, nicht pochend auf Reichtum, alle haben sie das Wirkliche verloren.
    Arglos und wahrhaftig,
    im innersten Herzen wünscht er es.
Wie die drei unteren Striche zusammen aufsteigen, so senken sich die drei oberen zusammen flatternd nieder. Nicht will einer allein den Reichtum für sich haben. Er hat das Wirkliche verloren, d. h. auf reellen Vorteil verzichtet, wie er winken würde, wenn der Strich sich egoistisch mit der Anfangssechs verbinden würde.
Sechs auf fünftem Platz bedeutet:
  1. Der Herrscher I gibt seine Tochter in die Ehe.
    Das bringt Segen und erhabenes Heil.
  2. Das bringt Segen und erhabenes Heil,
    weil er zentral ist in der Ausführung dessen, was er wünscht.
Das Kernzeichen Dschen bedeutet das Hervortreten des Herrschers (Gott tritt hervor im Zeichen Dschen). Der Strich steht über dem Kernzeichen Dui, das die jüngste Tochter ist, daher die Tochter, die in die Ehe gebracht wird – mit der an Rang niedrigeren Neun auf zweitem Platz –. Durch sein zentrales Wesen erlangt er die Erfüllung aller seiner Wünsche.
Oben eine Sechs bedeutet:
  1. Der Wall fällt wieder in den Graben.
    Jetzt brauche keine Heere.
    In der eigenen Stadt verkünde deine Befehle.
    Beharrlichkeit bringt Beschämung.
  2. Der Wall fällt wieder in den Graben. Seine Ordnungen geraten in Verwirrung.
Die Erde auf dem höchsten Platz deutet den Wall an. Der Strich hat wie die andern Yinstriche die Richtung nach unten, daher symbolisiert er das Fallen in den Graben. Kun bedeutet die Masse, das Heer. Das Kernzeichen Dui (Mund) legt Befehle nahe.
Der Strich steht in Verbindung zu dem unruhigen Strich Neun auf drittem Platz. So wird er auch in die dort prophezeiten Verwirrungen hineingezogen. Aber wenn man sich innerlich frei hält und für den engsten Kreis sorgt, so kann man sich vor dem bevorstehenden Ruin schützen – freilich nur im stillen.
Im allgemeinen erfüllt sich die Zeit mit Notwendigkeit.
 
Bhagavad Gita (Gesang Gottes)
Elftes Kapitel: Vishvarûpa-Darshana-Yoga - der Yoga der kosmischen Gestalt
ARJUNA SPRACH *
1. Da mir zu Liebe du das Wort, das höchst geheimnisvolle, sprachst,
Das höchsten Geistes Siegel trägt, bin ich von allem Irrtum frei.
2. Der Wesen Werden und Vergehn hab' ich ausführlich nun gehört,
Von dir, du Lotusäugiger, - und deine ew'ge Herrlichkeit.
3. So wie du hier geschildert hast dich selbst, du höchster aller Herrn,
So möcht' ich schaun deine Gestalt, die göttliche, du höchster Geist!
4. Wenn du's für möglich hältst, daß ich dies schauen kann, du Mächtiger,
Dann, Herr der Andacht, zeige mir dich selber als den Ewigen!
DER ERHABENE SPRACH *
5. So schau denn die Gestalten mein hundert- und tausendfältig hier,
Die mannigfalt'gen, himmlischen, in Farb' und Form verschiedenen.
6. Schau die Adityas, die Vasus, die Rudras, Ashvin, Marutas,
Viele, nie zuvor geschaute Wunder, schau sie, o Bhârata!
7. In Einem schau die ganze Welt, was sich bewegt und nicht bewegt,
In meinem Leibe sieh das hier, und was du sonst noch sehen magst.
8. Doch wirst du mich nicht können sehn mit diesem deinem eignen Aug', -
Ein himmlisch Auge geb' ich dir, - schau mein, des Herren, Wundermacht!
SAMJAYA SPRACH *
9. So sprach er und sodann, o Fürst, - Hari, der große Wunderherr,
Offenbarte dem Prithâ-Sohn seine Gestalt als höchster Gott.
10. Mit manchem Munde, manchem Aug', manch wunderbarem Angesicht.
Versehn mit manchem Götterschmuck und Götterwaffen schwingend viel.
11. Götterkränz' und -kleider tragend, an Himmelsduft und salben reich,
Ganz Wunder, strahlend, grenzenlos, das Antlitz allerwärts gewandt.
12. Wenn das Licht von tausend Sonnen am Himmel plötzlich bräch' hervor,
Zu gleicher Zeit, - das wäre gleich dem Glanze dieses Herrlichen.

13. In Einem dort die ganze Welt vereint, doch mannigfach geteilt,
In des Gottes der Götter Leib erblickte sie der Pându-Sohn.
14. Da, von Erstaunen ganz erfüllt, am Leibe schauernd, neigte sich
Arjuna mit dem Haupt und sprach die Hände faltend zu dem Gott:
ARJUNA SPRACH *
15. Die Götter schau' ich all in deinem Leibe,
O Gott, so auch die Scharen aller Wesen,
Brahman, den Herrn, auf seinem Lotussitze,
Die Rishis alle und die Himmelsschlangen.
16. Mit vielen Armen, Bäuchen, Mündern, Augen
Seh ich dich, - allerwärts endlos gestaltet;

Nicht Ende, Mitte, noch auch Anfang seh' ich
An dir, du Herr des Alls, du allgestalt'ger!
17. Mit Diadem, mit Keule und mit Diskus,
Ein Berg von Glanz, nach allen Seiten strahlend,
So seh' ich dich, ringsum schwer anzuschauen,
Wie strahlend Feu'r und Sonnenglanz, unmeßbar.
18. Das Unvergängliche, höchst Wissenswürd'ge,
Der größte Schatz bist du des ganzen Weltalls,
Du bist des ew'gen Rechtes ew'ger Hüter,
Als ew'gen Urgeist hab' ich dich begriffen.

19. Ohn' Anfang, Mitte, End', unendlich kraftvoll,
Mit Armen ohne End', mond-sonnen-äugig,
Mit einem Mund wie strahlend Opferfeuer
Seh' ich mit eigner Glut dies All dich wärmen.

20. Was zwischen Erd' und Himmel ist, erfüllst du
Mit dir allein, und jede Himmelsgegend, -
Die Dreiwelt bebt, wenn deine wundersame
Schreckensgestalt sich ihren Blicken zeiget.
21. Sieh dort der Götter Scharen zu dir treten,
Furchtsam, die Hände faltend, sie dich preisen;
Heil! ruft die Schar der Seher und der Sel'gen, -
Sie preisen dich mit prächt'gen Lobgesängen.
22. Die Rudras, Adityas, Vasus und Sâdhyas,
Allgötter, Ashvin, Marutas und Manen,
Gandharven, Yakshas, Asuras und Sel'ge,
Sie alle schau'n empor zu dir voll Staunen.
23. Dein Riesenleib mit vielen Mündern, Augen,
Mit vielen Armen, vielen Schenkeln, Füßen,
Mit vielen Bäuchen, Rachen voller Zähnen, -
Es bebt die Welt, ihn schauend - ich auch bebe.
24. Den Himmel rührend, strahlend, mannigfarbig,
Mit offnem Munde, großen Flammenaugen, -
Schau' ich dich so, dann zittert meine Seele,
Nicht find' ich Festigkeit und Ruh', o Vishnu.
25. Schau deine Rachen ich mit dräunden Zähnen,
Dem Feuer ähnlich bei der Zeiten Ende,
Dann weiß ich nichts und finde nirgends Zuflucht, -
Sei gnädig, Götterherr, du Weltenwohnstatt!
26. Und diese Söhne all des Dhritara'shtra,
Zusamt den Scharen königlicher Helden,
Bhîshma und Drona, samt des Lenkers Sohne,
Zusamt den unsrigen, den besten Kämpfern;
27. Sie nahen eilend sich zu deinen Rachen,
Den schrecklichen, klaffend mit dräunden Zähnen;
Es stecken manche schon zwischen den Zähnen,
Man kann sie sehen mit zermalmten Köpfen!
28. Gleichwie der Ströme mächt'ge Wasserwogen
Zum Meere hin, ihm zugewendet, laufen,
So diese Helden aus der Welt der Menschen
Bewegen sich in deine Flammenrachen.
29. Wie Schmetterlinge in ein flammend Feuer
In voller Hast zum Untergange eilen,
So eilen auch zum Untergang die Menschen
In voller Hast hinein in deine Rachen.
30. Du leckst und züngelst rings umher, verschlingend
Die Menschen alle mit den Flammenrachen;
Die ganze Welt mit ihrem Glanz erfüllend
Glühn deine fürchterlichen Strahlen, Vishnu!

31. Sag mir, wer bist du, Fürchterlichgestalt'ger?
Verehrung dir, du höchster Gott, sei gnädig!
Dich Uranfänglichen möcht' ich erkennen,
Denn nicht begreifen kann ich die Erscheinung.
DER ERHABENE SPRACH *
32. Ich bin die Zeit, die alle Welt vernichtet,
Erschienen, um die Menschen fortzuraffen;
Auch ohne dich sind sie dem Tod verfallen,
Die Kämpfer all, die dort in Reihen stehen.

33. Darum erheb' dich! Ruhm sollst du erwerben!
Den Feind besiegend, freu' dich reicher Herrschaft!
Durch mich sind diese früher schon getötet,
Du sei nur Werkzeug, Kämpfer mit der Linken.
34. Den Drona, den Jayadratha, den Bhîshma,
Den Karna und die andern Kämpferhelden,
Die ich getötet, töte du! nicht zittre!
Kämpfe! du wirst im Streit die Gegner fällen.
SANJAYA SPRACH *
35. Als dieses Wort des Krishna er vernommen,
Die Hände faltend, zitternd, ihn verehrend,
Sprach wieder also Arjuna zu Krishna,
Nur stammelnd, ganz in Furcht, vor ihm sich neigend:
ARJUNA SPRACH *
36. Mit Recht erfreuet sich an deinem Ruhme
Die Welt und ist dir ehrfurchtsvoll ergeben;
Die Rakshas fliehn entsetzt nach allen Seiten,
Der Sel'gen Scharen all vor dir sich neigen.
37. Und warum sollten sie sich dir nicht beugen,
Dem ersten Schöpfer, würd'ger selbst als Brahman?
Du Götterherr, Endloser, Weltenwohnstatt,
Du bist der Ew'ge, Höchste, Sein und Nichtsein!
38. Du bist der erste Gott, der alte Urgeist,
Du bist der höchste Schatz des ganzen Weltalls,
Wisser und Wissenswürdges, höchste Stätte,
Du hast das All gespannt, Endlosgestaltger.
39. Wind, Feuer, Yama, Varuna, der Mond auch,
Prajâpati bist du, und erster Ahnherr;
Verehrung dir, Verehrung tausend Male,
Und mehr noch, mehr, Verehrung dir, Verehrung!
40. Verehrung dir im Angesicht, im Rücken,
Von allen Seiten Ehre dir, du Alles!
Unendlich mannhaft, unermeßlich kraftvoll,
Vollendest du das All und bist selbst Alles.
41. Wenn ungestüm, für meinen Freund dich haltend,
Ich »Krishna«, »Yâdava« und »Freund« dich nannte,
Unkundig deiner wunderbaren Größe,
Zu unbedachtsam oder zu vertraulich;
42. Und wenn im Scherz ich dich nicht richtig ehrte,
Im Wandeln, Ruhen, Sitzen oder Essen,

Ob du allein warst, ob vor allen diesen, -
Ich bitt' dich um Vergebung, Unermeßner!
43. Vater der Welt, die sich bewegt und fest ist,
Verehrungswürdig, mehr uns als ein Lehrer, -
Dir gleich ist niemand, - wer dir überlegen?
In dieser Dreiwelt, unvergleichlich mächt'ger!
44. Mich beugend drum, den Körper niederwerfend,
Such' deine Gnade ich, du Herr der Ehren!
Wie seines Sohns ein Vater, Freund des Freundes,
Geliebter der Geliebten - mußt du schonen.
45. Noch nie Geschautes freu' ich mich zu schauen,
Allein vor Furcht bebt mir das Herz und zittert,
Zeig' die Gestalt, o Gott mir, die ich kenne,
Sei gnädig, Götterherr, Wohnstatt der Welten!
46. Mit Diadem und Keule, mit dem Diskus
In deiner Hand, so wünsch' ich dich zu sehen;
Nimm wieder an die Form mit den vier Armen,
Du Tausendarmiger, du Allgestalt'ger!
DER ERHABENE SPRACH *
47. Aus Gnaden hab' ich dir nun offenbaret
Mein höchstes Wesen hier, kraft meiner Allmacht, -
Strahlend, unendlich, ganz und uranfänglich, -

Kein andrer hat vor dir sie je gesehen.
48. Nicht durch den Veda, Opfer, Studium, Spenden,
Zeremonien oder graus'ge Büßung
Kann mich in solcher Form ein andrer schauen
Im Menschenvolk, du großer Held der Kurus!
49. Nicht soll dich Angst befangen und Verwirrung
Beim Anblick meiner schrecklichen Gestaltung,
Von Furcht befreit, fröhlichen Sinnes wieder
Sollst du mich schaun, so wie ich dir bekannt bin.

SANJAYA SPRACH *

50. Als Krishna so zum Arjuna gesprochen,
Da zeigt' er sich in alter Art ihm wieder,
Und so beruhigte er den Erschreckten,
In freundlicher Gestalt, der hochgesinnte.
ARJUNA SPRACH *
51. Da wieder deine menschliche Gestalt ich schau', die freundliche,
Kehrt die Besinnung mir zurück und wieder werd' ich, der ich war.
DER ERHABENE SPRACH *
52. Die schwer zu schauende Gestalt, die du von mir gesehen hast,
Nach deren Anblick sehnen sich sogar die Götter immerfort.
53. Durch Veden nicht, durch Buße nicht, durch Spenden und durch Opfer nicht
Bin ich in dieser Form zu schaun, wie du mich jetzt gesehen hast.
54. Nur wer mich ganz allein verehrt, der kann mich schaun in solcher Form,
Kann mich erkennen ganz und gar und endlich eingehn auch in mir.

55. Wer handelt so, wie's mir gefällt, mich ehrt, mich liebt, die Welt verschmäht,
Und allen Wesen freundlich ist, der kommt zu mir, o Pându-Sohn! 

 
- 11 -


Schütze



Mathael über die Tierkreiszeichen



Fortsetzung von "10"

[GEJ 3.105.8] Um die Zeit nach dem Skorpion fing auch allerlei Wild an, sich in die Täler von den Bergen herabzumachen, darunter aller Art reißende Tiere, jedoch nicht von der schlimmsten Art.
[GEJ 3.105.9] Diese Erscheinung forderte die Menschen, und namentlich die Männer auf, den Bogen zu spannen und sich auf die Wildjagd zu begeben. Kaninchen, Hasen, Gazellen, kleine Bären, Dachse, Füchse, Panther, eine Menge Geier und Adler, auch das Krokodil und das Nilpferd (Hippopotamos; altägyptisch Je pa opata moz = das Nilpferd fängt an, seine Gewalt zu entfalten), fingen an sich zu rühren, und darum war da für die Jagd keine Zeit mehr zu verlieren; zur Vertilgung möglichst vieler Krokodile war auch ein ganz bedeutender Preis ausgesetzt.

[GEJ 3.105.10] Es gehört hier gar nicht weiter zur Sache, wie da die allerlei Jagden geführt wurden, sondern es genügt hier ganz vollkommen zu wissen, daß in Ägypten um diese Zeit allerlei Jagden geführt worden sind, und wir wissen alles, was wir zu wissen benötigen.
[GEJ 3.105.11] Um diese Jagdzeitperiode trat die Sonne schon wieder in ein neues Sternbild im großen Zodiakus, und man nannte es den ,Schützen‘, weil diese Zeit eben den Schützen die meiste Beschäftigung bot. Dem Schützen ward mit der Zeit wohl auch eine Art göttlicher Verehrung zuteil, aber keine gar zu große, außer dem Apollo, der auch als ein Gott der Jagd verehrt ward. –
[GEJ 3.105.12] Mit dem Schützen wären wir sonach auch fertig ... 

Fortsetzung unter "12"



Weitere Erklärung: 



[GEJ 10.193.10] Mit der Zeit war man mit diesem Feldzeitmaßinstrument, mit dem man aber doch in der Nacht keine Zeit messen konnte, nicht mehr zufrieden, widmete den Gestirnen eine stets intensivere Aufmerksamkeit und erfand die euch bekannten zwölf Sternbilder und gab ihnen Namen nach den in Ägypten von Monat zu Monat eintretenden, ganz natürlichen Erscheinungen – worunter auch vier menschliche Namen vorkamen: der Wassermann, die Zwillinge, der Schütze und die Jungfrau – und nannte die Sternbilder zusammen den Tierkreis.


 
11. Kapitel – Die Leber der Erde.

16. Januar 1847

[ER 11.1] Nach der Milz kommt offenbar die Leber als eines der triftigsten Eingeweidestücke zum Vorschein. Die Leber ist der Absonderungsapparat im tierischen wie in unserem tellurischen Körper und verdient daher, gleich der Milz, eine besondere Beachtung.
[ER 11.2] Der Mensch, wie das Tier, genießt Speisen, die ebensoviel tötenden Giftstoffes als wie des belebenden Nährstoffes enthalten; demzufolge wäre jeder Mensch, wie auch jedes Tier, nach der eingenommenen Mahlzeit dem Leibe nach getötet, wenn nicht in dem Körper ein solcher Apparat angebracht wäre, der alle diese giftigen Stoffe, als hauptsächlich den Kohlenstoff und den blausauren Bitterstoff, gierig an sich zöge und selben zum Teile in einem eigenen Behälter aufsammelte und zum Teile durch den Harngang ableitete. Dieser Apparat ist eben die besprochene Leber; ihr Bau ist dem der Milz ziemlich ähnlich, d. h. was die innere Konstruktion anbelangt; allein die Form hat mehr Ähnlichkeit mit der der Lunge.

[ER 11.3] Dieses Eingeweidestück besteht demnach ebenfalls aus einer Menge aneinandergereihter Kämmerlein, welche so wie die der Milz, aber nur etwas enger, miteinander verbunden sind. Nebst diesen Kämmerlein durchkreuzen die Leber hauptsächlich vier verschiedene Gefäßröhrchen, welche jedoch nicht die Gestalt haben wie jene, welche durch die Milz gehen; sondern sie sind gleichförmig fortlaufende Organe, welche untereinander mit noch kleineren Durchgangsgefäßen verbunden sind, durch welche Gefäße alle Organe dieses Eingeweidestückes in einer wechselseitigen Verbindung stehen.

[ER 11.4] Ein Teil dieser Gefäße geht aus dem Herzen und führt ziemlich reichlich Blut in dieses Eingeweide, damit das Blut hier mit dem nötigen Grade des Kohlenstoffs, wie auch mit einer verhältnismäßig kleinen Dosis Blausauerstoff gesättigt wird, wo es dann erst also gesättigt tauglich ist, die Verdauung in den Verdauungsgefäßen zu bewerkstelligen und von da weiter hinaus auch die äußere Haut zu bilden; denn zum innerlichen Gebrauche ist ein solches Blut nicht mehr anwendbar, daher sich auch Leberkrankheiten hauptsächlich an der äußeren Haut sehr leicht kenntlich bemerkbar machen. – Das ist eine Gattung der durchlaufenden Gefäße.

[ER 11.5] Eine zweite Gattung geht vom Magen in die Leber. Diese nimmt alle die wässerigen Substanzen auf, in denen eben der Blausauerstoff sehr verdünnt abgeleitet, in der Leber durch die kleinen Verbindungsgefäße in einem gerechten Verhältnisse an das Blut abgesetzt und der übrige Teil aus der Leber durch die Nieren an die Harnblase abgegeben wird, die es dann als unnützen Stoff durch die Harnröhre von sich stößt und gänzlich aus dem Leibe befördert. – Das ist die zweite Gattung der Gefäße, die dieses Eingeweidestück durchziehen.

[ER 11.6] Eine dritte Gattung der Gefäße geht eben wieder vom Magen aus und setzt besonders die Schleimhäute desselben mit der Gallenblase in der Leber in Verbindung. Durch diese Gefäße wird der schleimichte Kohlen- oder Gallenstoff von den Speisen im Magen abgesondert und wird zum größten Teile in der Gallenblase aufbewahrt zum Behufe, so der Mensch oder das Tier etwa zu wenig dieses Verdauungsstoffes durch die in sich genommenen Speisen in dem Magen entwickeln würde, so muß dann die Leber von ihrem Vorrate wieder etwas zurück an den Magen abliefern; denn alle Verdauung besteht in einer Art Gärung, deren bekanntlich einige Nährstoffe mehr als andere fähig sind. Wieder haben einige Stoffe sehr wässerigen Inhaltes nur sehr wenig Gärungsstoff in sich, was jeder schon in der Außennatur merken kann. Man nehme nur in ein Gefäß pures Wasser und gebe ein wenig Kleienmehl hinein, so wird das Gemisch lange stehen dürfen, bis es zum Gären kommen wird; man fülle aber ein anderes Gefäß mit Weinmost und tue zum Überflusse noch etwas Gersten- oder Reismehl hinein, so wird er in einigen Stunden eine solche Gärung bewirken, daß man sich dabei kaum zu raten wissen wird. Wenn aber daraus ersichtlich ist, daß einige Stoffe, die der Mensch wie das Tier als Nahrung zu sich nimmt, mehr oder weniger Kohlen- oder Gärungsstoff in sich haben, so muß es auch klar sein, daß für das Plus dieses Stoffes in eben unserer Leber ein Behälter sein muß, um damit dem Minus dieses Stoffes zu Hilfe zu kommen, wenn derselbe in den zu sich genommenen Nährmitteln in einem zu geringen Verhältnisse vorhanden ist. – Durch diese Gefäße haben wir nun die dritte Gattung kennengelernt.

[ER 11.7] Eine vierte Gattung der Gefäße, die dieses Eingeweidestück durchziehen, sind die kleinen Windadern, welche von der Lunge ausgehend durch die Leber in verschiedenen Krümmungen und Windungen geleitet sind. Durch diese Gefäße wird die Gallenblase zum Teile gebildet und zum Teile in einer fortwährend gleichmäßigen Spannung erhalten. Zugleich wird durch diese Gefäße stets eine gerechte Menge atmosphärischer Luft in die Galle gebracht und durch die atmosphärische Luft so viel Sauerstoff, damit die Galle nicht zu sehr zu gären anfängt und durch diese Gärung dann jenen bösartigen Stoff im Leibe erzeugt, aus dem hauptsächlich allerlei Entzündungen, Rheumatismen, Gicht und dergleichen mehr zum Vorschein kommen; daher es für die Menschen auch sehr schlecht ist, sich in solchen Örtern und Gemächern aufzuhalten, in denen sie statt der belebenden, rein atmosphärischen Luft nur Stickluft einatmen, in der nur sehr wenig Sauerstoff, aber desto mehr giftigen Stickstoffes vorhanden ist, und nota bene besonders in jenen verfluchten Wirtskneipen, in denen sich die Gäste durch den allerabscheulichsten Tabakrauch für den Gestank der Hölle auf das kräftigste vorbereiten.

[ER 11.8] Auf diese Weise haben wir nun die vier Gefäßgattungen in unserer Leber kennengelernt, deren Aktion und Reaktion eben wieder, wie bei der Milz, durch das elektrische Fluidum bewerkstelligt wird, das in den vorerwähnten Kämmerlein, so wie bei der Milz, durch eine sich reibende Bewegung dieser Kämmerchen hervorgebracht wird. Natürlich aber wird das elektrische Feuer der Leber hauptsächlich durch das Feuer der Milz angeregt; denn die Leber wäre ohne die Milz ganz tot und untätig.
[ER 11.9] Dieses Eingeweidestück befindet sich bei den Menschen wie bei allen Tieren um den Magen herum, weil es da auch am nötigsten ist. Eben also ist dieses Eingeweidestück in freilich größtem Maßstabe in der Erde angebracht; seine Verrichtung ist ganz dieselbe wie die der Leber bei den Tieren. Wenn es schon nur eine sekundäre Verrichtung ausübt dessen, was die Milz primo loco tut, so ist es aber dessenungeachtet ein nicht minder mächtiges Belebungsstück in jedem tierisch-organischen Körper; denn aus der Leber der Erde kommt gewisserart zunächst alles hervor, was die Erdrinde in sich und auf der Oberfläche auf sich trägt. Also ist eben auch das ganze Meerwasser daher abstammend und ist im Grunde nichts anderes als der ausgestoßene Urin des Erdkörpers, welcher Urin aber dessenungeachtet, sich wieder verdunstend, in Wolken übergeht, welche in der Luft durch die Einwirkung des Lichtes in süßes Nährwasser umgewandelt werden.
[ER 11.10] Wir haben nun auf diese Weise in aller Kürze so gründlich als möglich auch dieses Eingeweidestück der Erde kennengelernt und werden demnach nächstens wieder zu einem andern übergehen.
 
 
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