89. Kapitel – Die Erde und ihre Greuel. Der Geist des Antichrist. Eine sinnbildliche Erscheinung.
[RB 1.89.1] Helena eilet sogleich ans bezeichnete Fenster, sieht durch dasselbe ins Freie hinaus und schlägt nach einigem Betrachten die Hände über ihrem Haupte zusammen! Nicht lange hält sie es aus, weil der Anblick sie zu sehr ergreift, sondern begibt sich eiligst zu Mir hin und spricht: "Aber, aber, Du mein Herr, Du mein Gott, Du mein Jesus! Ah, ah, ah, das ist aber ja doch entsetzlich!"
[RB 1.89.2] Sage Ich: "Nun, nun, Meine gar überaus liebe Helena, was gibt es denn, was hast du denn gesehen, das da gar so entsetzlich ist? Hast du vielleicht gar einen Teufel gesehen; oder vielleicht sonst was noch Schrecklicheres? Geh und fasse dich und erzähle uns, was du denn alles gesehen hast?!"
[RB 1.89.3] Die Helena sammelt sich und spricht dann: "O Du mein süßester Herr Jesus! Ich glaube, gegen diese Entsetzlichkeit ist der ganze Teufel ein reiner Lump! Siehe, zum ersten Male nach meinem Austritte von der Erde habe ich nun die abscheuliche und übergrausliche Erde wiedergesehen, aber also, wie etwa von einer über sie hinschwebenden Wolke herab. Und merkwürdig, ganz Österreich und Ungarn samt seinen Nebenländern lag unter mir wie eine riesenhaft große Landkarte ausgebreitet, auf der vom größten bis zum kleinsten Gegenstande alles zu ersehen war! Aber, o Jammer, welch ein Anblick des Entsetzens! Die Städte sind voll Feuers und voll Unflats und gräßlich aussehenden Gewürmes, Flüsse, Seen und das Meer sind voll Blut! Fürchterliche Heere stehen einander gegenüber, und man ersieht da nichts als Mord, Verrat und dann wieder Mord! Die Menschen zerfleischen sich ja ärger als die allerwildesten und reißendsten Bestien! An der kaiserlichen Seite sah ich auch Russen in starker Anzahl. Aber selbst unter den Kaiserlichen und zwischen den Kaiserlichen und Russischen sah ich Verrat und Mord hier und da. Und unter dem ungarischen Heere, das furchtbar stark ist, sah ich auch Russen und Polen in größter Anzahl, sonst aber noch Menschen aus ganz Europa! Alle aber schreien: »Tod und Verderben allen Despoten! Und uns vollkommenen Sieg oder Tod! Keine Gnade und keine Schonung mehr! Und verflucht sei, wer da dächte an eine friedliche Ausgleichung!« Die armen Kaiserlichen können trotz all ihrer großen Anstrengungen nichts ausrichten. Denn fürs erste sind sie verraten an allen Enden und Punkten, und fürs zweite haben immer zehn gegen hundert zu kämpfen und können daher zu keinem Vorteile kommen! O Herr, mache doch diesem entsetzlichen Würgen ein Ende und lasse nicht die Schwachen zugrunde gehen! Hauche in die Herzen der Ungarn einen versöhnenden Geist, und den Österreichern, wo es nottut, nicht minder; denn wahrlich, mich dauern meine bedrängtesten Landsleutchen!"
[RB 1.89.4] Rede Ich: "Meine geliebteste Helena, was du gesehen, ist richtig und wahr! Ein gar arger Geist hat Besitz von den Herzen der Menschen genommen. Es ist der Geist des Antichrist, und dieser ist es, der die Menschen also entzweiet, daß sie gegeneinander toben und wüten, als wären sie alle zu Tigern, Hyänen und Drachen umgestaltet worden. Aber es soll ihrem Treiben ein baldiges Ende gemacht werden, und das ein Ende, wie die Erde noch keines gerochen hat!
[RB 1.89.5] "Dahier auf dem Tische vor uns wirst du sogleich ein Gefäß ersehen, das wie eine Pflanze aus dem Tische hervorwachsen wird. In diesem Gefäße wirst du das Maß der menschlichen Greuel auf der Erde erschauen und daraus entnehmen können, um welche Zeit es nun ist auf der Welt!? Also sieh nun, hier vor dir kommt es schon zum Vorscheine! Betrachte es, und beschreibe es Mir, wie es aussieht und was du in selbem erschauest!"
[RB 1.89.6] Helena betrachtet ganz erstaunt das wunderbar auf dem Tisch vor ihr auftauchende und sich stets mehr und mehr entfaltende und fabelhaft gestaltende Gefäß. - Als nach einigen Augenblicken das Gefäß vollkommen entfaltet dasteht, da spricht die Helena ganz erstaunt: "Aber, aber, o Herr, ich bitte Dich um Deines heiligsten Namens willen! Ja was? - Was - was ist denn das für eine sonderbarste Gestaltung!? - Siehe, anfangs hat diese Geschichte ausgesehen wie eine ganz natürliche Pflanze, etwa wie auf der Erde eine Wasserlilie. Dann trieb es aus der Mitte seiner langen, bandartigen Blätter einen runden, starken Stengel, aus dessen Ende eine Knospe ersichtlich war. Die Blätter verdorrten aber bald, und die Knospe brach auf und trieb, statt einer erwarteten Blume, die unverkennbare päpstliche Dreikrone (Tiara), aber verkehrt, das heißt, mit dem Dreikreuze, das auf einem goldenen Apfel sitzt, nach unten, und mit dem eigentlichen untersten Kopfreife nach oben. Diese Tiara steht nun wie ein förmliches Trinkgefäß vor mir, und zwar merkwürdigermaßen auf einem Dreifuße, der sich wie von selbst aus dem ehemaligen Stengel geformt hat. Dies sonderbare Gefäß ist nun inwendig ganz schwarz wie eine starke Nacht. Und siehe, da wo außen die köstlichsten Edelsteine sitzen, fließt inwendig Blut und Blut. Und das Blut durchwühlet allerlei gräßliches Gewürm! Die Köpfe der Würmer sehen aus wie glühendes Erz und ihr anderer Leib wie der eines Drachen. Und siehe, diese Bestien trinken gierig das Blut, so daß das Gefäß trotz des reichen Zuflusses nimmer voll werden und übergehen kann, auf daß da alle sehen, welch schauerlichen Inhaltes dies Gefäß voll ist! Oh, oh, wie diese Bestien doch gar so gierig das Blut einsaugen! Und siehe, unter den Würmern ersehe ich nun eines, das da viel größer ist als alle anderen; und diese Bestie hat dir wie sieben Köpfe und auf jedem Kopfe zehn Spitzen wie die eines Schwerts, und auf jeder Spitze steckt eine glühende Krone; und so es untertaucht in das Blut, da gischt das Blut und dampft und raucht es auf der Oberfläche! - Der Zufluß wird nun stärker und stärker, aber noch will das Gefäß nicht voll werden; denn die Bestien zehren mächtig daran, und was sie nicht verzehren können, das löst sich in Dampf und Rauch auf! O Herr, binde den Bestien doch ihren Rachen, und von den Spitzen des einen Tieres nehme die glühenden Kronen, damit das Gefäß doch einmal voll werde! Oh, oh, wie abscheulich doch das anzusehen ist!"
[RB 1.89.7] Rede Ich: "Nun, Meine allerliebste Helena, kennst du dich schon so ein wenig aus, wenn du die Erscheinung vor dem Fenster und diese vor dir aus dem Tische vergleichest?"
[RB 1.89.8] Spricht die Helena: "O Herr, da bringe ich wohl schwer einen rechten Sinn heraus; daher bitte ich Dich aus aller meiner Liebe zu Dir, offenbare Du uns das rechte Verständnis dieser beiden Erscheinungen, so es Dein heiliger, ewig weisester Wille ist!"
[RB 1.89.9] Rede Ich: "O Meine geliebteste Helena, recht von ganzem Herzen gerne! Höre nun und gib auf alles genau acht! - Siehe, draußen vor dem Fenster hast du das große Übel gesehen, und hier siehst du den Grund desselben! Vor dem Fenster draußen stellte sich dir die nackte Wirkung dar, die von A bis Z hier ihre Grundursache hat. -
[RB 1.89.10] "Siehe, wo es nun auf der Erde römische Katholiken gibt, da gibt es nun auch Aufstand, Verrat, Krieg und Mord! Blicke aber in die Türkei, und du wirst sie wohl gerüstet, aber sonst ruhig finden. Sehe nach China, nach Japan, alles ist ruhig. Beschaue das große England - bis auf sein Irland ist es ruhig. Siehe nach Amerika hin - bis auf einige wenige katholische Kreise ist es ruhig. Beschaue das Afrika, und du wirst es ruhig finden! Beschaue das ganze große Asien, das da mit Menschen überfüllt ist - es ist bis auf einige kleine Distrikte ganz ruhig! Siehe an das große griechische Rußland - es ist auch bis aus einige wenige polnisch-katholische Kreise ruhig. Das große Norwegen und Schweden ist ruhig bis auf einige wenige eingewanderte katholische Schwärmer, die im geheimen machinieren, aber eben nicht viel ausrichten! Siehe nach Australien hin und nach Neuseeland und auf des großen Ozeans gesamten Archipel - siehe, überall mit Ausnahme geringer Kreise ist Ruhe; und wo es irgend kleine Unruhen gibt, so rühren sie sicher von den Römischen her! Nun aber beschaue das erzkatholische Spanien; es steht auf einem Vulkane - unter dem nur scheinbar etwas ruhiger aussehenden Boden ist nichts als Glut über Glut, die bald durchbrechen wird. Geradeso sieht es auch in Portugal aus! Beschaue Frankreich, das katholischste, brennt es nicht allerorts?! Beschaue das eigentlich katholische Italien von A bis Z, vor Glut, Flamme, Rauch und Dampf kann man es kaum mehr erschauen. Richte deine Blicke ins getreu katholische Österreich, sieht es nicht aus wie eine halbverbrannte und halbzerrissene Landkarte?! Und wie diese gesamte Monarchie aussieht, so sieht auch jedes seiner einzelnen Länder aus - mehr oder weniger! Siehe an das, was in Deutschland mehr katholisch ist, und du wirst allenthalben Glut über Glut entdecken. Vor ein paar Jahren wollten sich in der Schweiz die Katholiken ausscheiden und einen alle andere Sekten tiefst verachtenden Sonderbund schaffen. Dadurch beleidigten sie alle anderen Parteien; diese vereinigten sich und trieben die dummen und finster-hochmütigen Sonderbündler weidlichst auseinander und zogen dadurch dem Hierarchen wie allen seinen Helfershelfern die Larve gerade von der Nase weg. Das verdroß die Alleinseligmacher dergestalt, daß sie bei sich aller Welt die glühendste Rache schworen! Aber der hellere Teil der Welt entdeckte nur zu bald die schönen Pläne der Alleinseligmacher und ihrer getreuen Helfer, die sich von den Alleinseligmachern die goldensten Berge versprachen, erhob sich allerorts und übt nun noch Vergeltung in den meisten echt katholischen Orten und Punkten aus. - Und so ersiehst du hier auf dem Tische das arge Symbol: eine umgestürzte Tiara, deren Reiche nach innen bluten und sich bald verbluten werden. Wohl sucht die Hierarchie es zu verhüten, daß ihr äußeres Ansehen nicht möchte befleckt werden von ihren inneren Greueln, aber es wird ihr alle diese ihre Mühe nun nichts mehr nützen. Denn siehe, darum habe Ich ihren inneren Gehalt durch die Umkehrung der Tiara nun aller Welt gezeigt; und sie kann nun tun, was sie will, so wird sie ihre Krone nicht mehr aufrecht stellen können und wird sich in sich selbst zerstören und aufzehren! Verstehst du nun die Sache schon etwas besser?"
[RB 1.89.11] Spricht die Helena: "O Du mein Herr und mein Gott! Ich verstehe die Sache nun wohl schon ein wenig besser; aber vom vollkommenen Verstehen ist noch gar keine Rede; denn was eigentlich das Blut und die abscheulichen Würmer im Blute bedeuten und vorstellen, das wird wohl außer Dir niemand je völlig fassen und begreifen können!? Wenn Du es mir aber etwas näher bezeichnen möchtest, da freilich würde ich es dann auch sicher besser verstehen! Sei so gnädig und sage mir nur noch ein paar Wörtlein darüber!"
[RB 1.89.12] Rede Ich: "Nun ja, so höre denn! Siehe, das Blut, das da nach innen grade aus jenen Stellen fließt, wo nach außen die Edelsteine angebracht sind, die da alle Reiche und Regierungen der Erde vorstellen sollen, bedeutet die tyrannische Herrschgier, die nach außen hinaus vollste und glänzendste Freiheit und gleiche Berechtigung aller Stände vorschützt, in sich selbst aber Rache und Blutgier ist, derzufolge jeder über die schärfste Klinge springen soll, der nicht bei jeder Gelegenheit den Vorteil des alleinigen Tyrannen in die vollste Berücksichtigung zöge! Denke zurück an die Zeit der Inquisition und von da weiter bis auf diese (gegenwärtige) Zeit, und du wirst es mit großer Leichtigkeit ersehen, wie in den Eingeweiden der Hierarchie nichts als der Haß, der heilloseste Zorn, Gericht, Verfolgung aller Art und Mord und Blut gehaust hat und nun noch hauset und einer starken Pest gleich grassiert, wenn schon nicht so sichtlich in der Tat (weil dazu die Kräfte erlahmt sind), aber dafür desto ärger im geheimen Wollen und sehnlichsten Wunsche!
[RB 1.89.13] "Wenn du das so recht durchdenkst, so wirst du gar sehr leicht begreifen und fassen, was so ganz eigentlich das Blut in der Tiara bedeutet!? Das Gewürm aber, welches das Blut fleißig verzehret und dasselbe dadurch so viel als nur immer möglich den Augen der blinden Völker entzieht, sind die allerekelhaftesten, selbstsüchtigen Kriecher, Speichellecker und Augendiener unter jeder menschlichen Amts- und Beschäftigungsform. Diese Wesen sind in jeder Menschengesellschaft die allerverwerflichsten und haben keine Liebe weder zu denen, vor denen sie kriechen, und noch weniger zu denen, deren Speichel sie mit ihren Natternzungen vom Staube der Erde auflecken. Sie sind die barsten Feinde aller Menschen und lieben niemanden als bloß allein sich selbst; daher es denn auch geschieht, daß sie diejenigen, für die sie alles zu tun vorheucheln, wenn sich nur irgendein Vorteil herauskalkulieren läßt, am ersten und schmählichsten verraten. Denn wer einmal ein Verräter ist, der ist und bleibt einer, ob rechts oder ob links, das ist ihm gleich, wenn es ihm nur einen Gewinn abwirft! Und siehe, so steht es nun auch mit der Römerin. Sie liebte die Gleisner, die Heuchler, die Angeber, die Ohrenbläser, die Augendiener, die Denunzianten, die Spione und alle, die geschickt lügen konnten und dabei recht herz- und gewissenlos allerlei frömmlich aussehende Betrügereien erfinden mochten. Und siehe, nun werden das gerade ihre ärgsten Richter werden und werden an ihr die treulosesten Verräter machen! Ein großer Teil, und zwar in Rom selbst, hat schon das Seinige getan. Und in Kürze werden es auch andere Rom treulichst nachahmen; ja dasselbe sogar bei weitem übertreffen!
[RB 1.89.14] "Nun, Meine Allerliebste, verstehst du jetzt das Blut und das Gewürm schon etwas besser? - Ja, du verstehst es; aber du hast noch das eine siebenköpfige Tier vor dir! Ja, ja, das soll dir auch durch eine neue Erscheinung klar gemacht werden!
[RB 1.89.15] "Sehe nun dahin, wo das sonderbare Gefäß stehet, gebe aber genau auf alles Acht, was sich dir zeigen wird, und beschreibe es vor dieser ganzen Versammlung, wie auch, was sich nebenbei ergeben wird! Aber recht sehr genau mußt du auf alles Acht geben."
90. Kapitel – Weiterentwicklung des Zeitbildes. Warum läßt Gott die Weltgreuel zu?
[RB 1.90.1] Die Helena betrachtet nun das vor ihr stehende Gefäß und ersieht gar bald, wie aus dessen Mitte ein Thron emportaucht, auf welchem ein Herrscher in Gold und Purpur gekleidet sitzt. Als sie dieser Erscheinung ansichtig wird, da erschrickt sie förmlich und spricht dann etwas ängstlich und befangen: "O Herr! Du liebevollster Heiland aller Menschen! Da, da sieh einmal her! Auf einem Throne sitzt dir ein Herrscherchen mit einer so entsetzlich hochmütigen Miene, daß man bei seinem Anblicke schon ein förmliches Fieber bekommen muß! Ah, ah, das ist aber ja doch entsetzlich, was das doch für eine allerhochmütigste Physiognomie ist!
[RB 1.90.2] "Nun tauchen aus dem Gefäße eine Menge feingekleideter menschlicher Wesen aus und verneigen sich bis auf den Boden vor dem Herrscherchen; und dieses mißt sie übermächtig stolz mit seinen echten Basiliskenaugen, daß sie alle beben vor seinem Angesichte. Und siehe, die am meisten beben und sich am meisten bücken, werden nun von dem Herrscherchen näher an den Thron berufen und werden mit Orden beteilt; denjenigen aber, die weniger beben und sich nicht so gar tief bücken, wird ins Angesicht gespuckt und darauf bedeutet, sich alsogleich vom Throne zu entfernen! Diese ziehen sich nun ganz demütigst zurück und werden bei ihrem Rückzuge noch obendrauf von den mit Orden Beteilten mit aller Verachtung begleitet! Aber nun gibt das Herrscherchen auch den mit Orden Beteilten einen Wink, sich zu entfernen vom Throne, und siehe, als sie sich unter tausend Verneigungen entfernen und dem Herrscherchen den Rücken zuwenden, da flucht er ihnen nach und bespuckt ihren Gang! Nein, ist aber das doch ein unendlich hochmütiger Kerl von einem Fliegenkönig!
[RB 1.90.3] "Aber was sehe ich, der Raum um des Königs Thron wird nun immer größer und weiter. Und ich sehe eine große Menge Miniaturmenschen, die sehr armselig aussehen; und zugleich aber bemerke ich auch alle die früheren Bücklingshelden unter ihnen, aber nun mit ganz andern, herrschend aussehenden Gesichtern, als wie sie ehedem vor dem Könige zu ersehen waren. Und die Armen müssen sich vor ihnen ganz entsetzlich beugen; und einige müssen sich ganz geduldig auf den Boden hinlegen, auf daß die Bücklingshelden desto bequemer auf deren Köpfen herumsteigen können! Und einige, die dabei weh geschrien haben, werden sogleich von Häschern gebunden und in ein Loch, das sehr finster ist, hineingeschoben! Und, oh, oh, siehe, siehe, einige werden darum sogar aufgehängt! Ah, ah, nun, das geht ja gar nicht übel!
[RB 1.90.4] "Da bemerke ich aber nun auch soeben ein Häuflein Menschen, die nahe ganz zertreten sind und aus gar vielen Wunden bluten. Diese bewegen sich unter großem Beben zum Throne hin und wollen den König um Einsichtnahme ihrer Gesuche und um Abhilfe von solchen Bedrückungen bitten. Es wird dem Könige gemeldet, und dieser spricht zu seinen Dienern: »Bei eurem Leben, daß mir keine solche gemeinste Canallie vor den Thron kommt!« Und die Diener sagen zu den Hilfesuchenden: »Der König ist nun übel gelaunt, weshalb da niemand vorgelassen werden kann. So euch aber etwas fehlt, da sollet ihr zu seinen Beamten gehen und ihnen euer Anliegen kundtun, und diese werden es dann schon wissen, was da zu tun sein wird, und werden darnach ihres Amtes walten!?« Da sprechen die Hilfesuchenden: »Aber über diese wollen wir ja eben beim König Klage führen! Denn sie sind es ja, die uns gar so schmählich zertreten!« - Da spricht ein Königsdiener: »Soo! Ah, ist es um diese Zeit! Ja das ist freilich ganz was anderes! Nun, wir werden das schon machen! Geht jetzt nur ganz ruhig nach Hause und lasset das weitere uns über; wie gesagt, wir werden die Sache schon machen! Aber eure Namen und euren Aufenthaltsort müsset ihr mir ganz getreu angeben, sonst wüßten wir ja nicht, wem und wo wir helfen sollen!?« Die Armen geben dem Diener ihre Schriften, und dieser empfängt sie wie mit einem rechten Wohlwollen. Als aber die Armen sich nun wieder entfernen in der besten Meinung, daß ihnen geholfen werde, wird sogleich ein Eilbote an die Beamten abgesendet mit der Weisung, benannte Untertanen, die noch Kraft genug besäßen, um zum Throne klagen zu gehen, noch mehr zu zertreten, damit sie in der Zukunft vor gerecht großer Schwäche sich nicht so leicht wieder erheben möchten, um irgendwelche Klagen vor des Königs Thron zu bringen, dem aus der ganzen Welt nichts verhaßter ist als das gemeine Bestienvolk! Und siehe, es wird daheim nun getreulich befolgt, was des Königs erster Diener befahl! - Ah, ah, das ist aber doch zu schmählich, zu elend und niederträchtig! Der Diener berichtet nun solches dem Könige, und dieser belobt ihn sehr und erteilt ihm einen Orden!
[RB 1.90.5] "O Herr! So können doch wahre Könige nicht sein, sondern das müssen Usurpatoren (Thronräuber, Gewaltherrscher) sein, deren Herz und Gehirn der Satan ganz in Beschlag genommen hat!"
[RB 1.90.6] Rede Ich: "Ja, ja, du hast recht; das sind Usurpatoren, anfangs Volksbeglücker, aber gleich darauf echte Teufel! Schaue nur noch weiter; die Sache ist noch nicht aus. Wenn du alles wirst gesehen haben, dann erst werde Ich dir den rechten Sinn kundtun! "
[RB 1.90.7] Spricht weiter Helena: "Ah, ah, was zeigt sich denn da schon wieder Neues?! Sieh, sieh, o Herr! Ich ersehe nun eine Menge der sonderbarsten Wölfe! Äußerlich sehen sie aus, als wären sie Menschen mit langen schwarzen Kleidern; aber sie sind es keineswegs, denn innerhalb der Kleider steckt, statt eines Menschen, ein reißender Wolf, der, obschon er ohnehin schwarz bekleidet ist und übers Gesicht eine Menschenlarve trägt, noch zum größten Überflusse zur Bergung seiner bestialischen Natur in einem Schafspelze steckt! Wie zart und sanft diese anscheinenden Menschen umgehen mit allen anderen Menschen, mögen sie hoch oder nieder sein! Aber hinterher ziehen sie die Menschenangesichtslarve von ihrem Wolfsrachen und fletschen ganz entsetzlich mit ihrem mörderischen Gebisse nach dem Nacken der vor ihnen her wandelnden Menschen! Ah, ah, das sind ja doch ganz entsetzlich fürchterliche Wesen! Und da sieh, da sieh! Hinter dem Throne des Königs und auch vor dem Throne desselben stehen dicht aneinandergereiht solche Wesen! Die vorderen tragen auf purpurnen Polstern die schönsten Kronen und Szepter und machen die tiefsten Verbeugungen vor dem Throne. Und der blinde König (d.h. geistig blind) betrachtet das mit wohlgefälligen Augen und hat eine große Freude an diesen Thronumlagerern, unter denen ihm einige auch ganz neuerfundene Kriegswaffen präsentierten, die der König mit großen Freuden annimmt.
[RB 1.90.8] "Aber hinter dem Throne fletschen dieselben Wesen greulich mit ihren Zähnen. Und an der Stelle der Kronen und Szepter und Waffen tragen sie auf ihren Händen schwere Fesseln und Ketten und Geiseln aus glühenden Schlangen! - O König, o König, stehe auf vom Throne, diesem Sitze des Neides und des Hasses, und besehe deine verkappten Freunde, die dir frech mit Wort und Tat ins Angesicht lügen, hinter deinem Rücken aber deine ärgsten Feinde sind!
[RB 1.90.9] "O Herr, o Herr! Warum hat denn Deine unendliche Güte und Weisheit auch solche arge Wesen werden lassen?! - Wäre es denn nicht besser, so es außer Dir gar kein Wesen gäbe, als daß es unter den vielen guten Wesen, die aus Dir sind, auch solche gibt, die doch unmöglich aus Dir sein können, wie sie sind!?"
91. Kapitel – Grund der Nachtseite des Lebens. Gegensätze notwendig für geistige Freiheit.
[RB 1.91.1] Rede Ich: "Ja, du Meine allerliebste Helena, das kannst du nun freilich noch nicht einsehen, warum es auch solche Wesen gibt und auch geben muß; aber mit der Zeit wirst du das schon alles noch in aller Fülle der Klarheit einsehen. Damit du aber dennoch etwas ruhiger wirst, so will Ich dir einige natürliche Beispiele zur Erläuterung dieser dich gar so störenden Sache vorlegen, und so höre!
[RB 1.91.2] "Siehe das Feuer! Welche zerstörende Kraft liegt in diesem fürchterlichen Zornelemente, wenn es nicht sorglichst gehütet und verwahret wird, wo man sich seiner bedienet! Welche Zerstörungen richtet es an! Und siehe, doch gibt es keinen größeren Wohltäter der Menschheit, als eben das Feuer, so es weise gebraucht wird!
[RB 1.91.3] "Siehe an das Wasser, wie schrecklich tobt und würget es, wo es, entfesselt, sich über Täler und Fluren erhebt! Sollte Ich es aber darum nicht erschaffen haben, oder soll Ich es nun vernichten, weil es in seinem entfesselten Zustande so verheerend wirkt und dem irdischen Menschen Tod und Verderben bringt?! Sage, könnte wohl die Erde selbst und alles, was sie trägt, ohne Wasser bestehen?!
[RB 1.91.4] "Betrachte ferner die natürliche Schwere der naturmäßigen Körper! Welche Verheerungen richtet eine von hohen Bergen herabstürzende Lawine an! Und wie erschrecklich ist ein schwerster Bergsturz; er begräbt Menschen samt allen ihren Habseligkeiten schonungslos. Wo ein Fels niederstürzt, da zermalmt er durch seinen Fall alles, was er berührt! Wäre es denn nicht besser, so Ich die ganze Erde so leicht wie einen Federflaum geschaffen hätte? Freilich würde dann sogar eine Fliege ein ganzes Gebirge mit der größten Leichtigkeit davontragen, und der Mensch könnte dann mit der Erde spielen wie Kinder mit einem Ball. Aber wer würde dann die Erde fest zusammenhalten? Wie könnte eine Frucht aus ihr erwachsen? Und wie könnten sich Menschen und Tiere und Pflanzen ohne Schwere auf der Erde Boden erhalten?! Du ersiehst hieraus wieder, wie nötig diese schlimme Eigenschaft allen Körpern ist, so sie ein Dasein haben sollen!
[RB 1.91.5] "Wie aber alles das Angeführte in der Natur nötig ist, damit sie das ist, was sie sein muß - ebenso müssen im Geiste Gegensätze zum Guten und Wahren dasein, damit eben der Geist durch diese feindlichen Gegensätze das wird, wozu er von Mir aus bestimmt ist, nämlich zur vollkommensten, ewigen Lebensfreiheit! Denn ohne Zwang gibt es keine Freiheit, und ohne Freiheit keinen Zwang. Alle Freiheit muß daher aus dem Zwange, welcher da ist eine gerichtete, ewige Ordnung, hervorgehen - so wie der Zwang selbst aus Meiner urewigen Freiheit!
[RB 1.91.6] "Und so ersiehst du hier auch solche Erscheinungen, die an und für sich wahrlich sehr arg sind, aber eine gewisse Zeit hindurch zur Gewinnung und Erhaltung der geistigen Freiheit ebenso notwendig sind, wie auf der Erde etwa ein starker Blitz und Hagelsturm zur Erzeugung und Erhaltung der Lebensluft und zur Zerstörung aller schädlichen und tödlichen Dünste, die durch die manchmal nötige große Erwärmung des Bodens der Erde aus ihren Eingeweiden hervorgelockt und -getrieben werden! Ich sage es dir, dies alles ist also nötig, und eines bedingt das andere.
[RB 1.91.7] "An uns aber liegt es, die verschiedenen nötigen Elemente, so sie sich irgend zu sehr in ihrer besonderen Eigentümlichkeit für sich herauszustellen anfangen, weise in ihre nötige Ordnung wieder zurückzuführen. Haben wir das unter der nötigsten und weisesten Vorsicht getan, dann wird alles wieder seinen ganz geregelten Gang gehen und die besten Früchte tragen!
[RB 1.91.8] "Ein brennendes Haus weise löschen, ist ein gutes Werk; aber das Haus darum ganz vom Grunde aus samt dem Feuer zu zerstören, wäre doch gewiß nicht weise; es müßte denn dadurch nur eine ganze anstoßende Häuserreihe gerettet werden können. Also muß man dem Wasser Dämme und der Schwere gehörig starke Stützen stellen und nach einem großen Sturme die Erde frisch wieder bebauen, so kommt dann alles wieder ins rechte Geleise. Aber alles mit einem Streiche lösen wollen, hieße alles vernichten!
[RB 1.91.9] "Danach kannst du nun dem, was noch kommen wird, schon etwas ruhiger zusehen! Und so betrachte die Erscheinungen nur wieder ganz ruhig weiter!"
94. Kapitel – Helena über das siebenköpfige Ungeheuer, den Tierkampf, die Wolfsmenschen und den König.
[RB 1.94.1] Spricht die Helena: "Ja, wenn die Sachen hier wie auch in der ganzen Unendlichkeit also stehen und sich verhalten, da freilich muß ich zu einer Erkenntnis schreiten, auf daß ja etwa nicht die ganze Schöpfung zugrunde gehe! Aber Du, mein allergeliebtester Herr Jesus, ich werde wohl alles tun, was Du nur immer von mir verlangst; denn das gebietet mir mein nur Dir allein lebendes Herz. Aber ich meine, gar so überaus wird etwa das Wohl oder Wehe oder gar das Sein und Nichtsein der Erde von meiner Dummheit nicht abhängen!? Gelt, Du mein alleinigster Liebling, ein paar Sekunden lang könntest Du etwa dennoch wohl ohne meine Erkenntnis des abscheulichen Siebenköpflers die Erde und die ganze Unendlichkeit erhalten? Gar so streng wird hier die Geschichte ja doch etwa nicht sein?!"
[RB 1.94.2] Sage Ich: "Ja, Meine allergeliebteste Helena, bei Mir ist alles mit der genauesten Haarwaage abgewogen; da leidet es in manchem wohl gar keinen Aufschub oder was immer für einen Stillstand! Freilich wohl kann Ich die ganze Schöpfung ohne deine Erkenntnis erhalten, dafür hast du keine Sorge zu tragen; aber, wie Ich dir's schon eher bemerkt habe - es handelt sich hier nicht so sehr um eine unerschütterliche Erhaltung des Alls, als vielmehr um die baldigste, himmlisch vollendete Freistellung aller derer, die hier in jüngster Zeit von der Welt her angekommen sind! Das mußt du dabei so ganz eigentlich in eine rechte Berücksichtigung ziehen, und es wird dir dann ein leichtes sein, dem nachzukommen, was Ich von dir verlange! - Hast du das nun wohl verstanden?"
[RB 1.94.3] Spricht die Helena: "Ja Herr, nun bin ich im klaren! Und so will ich's mit Deiner Hilfe denn auch versuchen, wie ich mit dem abscheulichen Siebenköpfler werde zurechtkommen können.
[RB 1.94.4] "Wie ich es nun einsehe, so stellt dieses siebenköpfige Unwesen den eigentlichen Geist des Antichrist dar und beurkundet desselben Walten innerlich in seinem eigenen Unflate! Der Wurm stellt schon einmal für sich die große Schändlichkeit vor, die aus der Herrsch-, Hab-, Lug- und Trugsucht hervorgeht. - Die sieben Köpfe sind gleich den sieben Hauptleidenschaften, aus denen die sieben Hauptsünden ihren Ursprung haben werden: Hochmut, Herrschgier, eifersüchtigster Neid, ein tödlicher Geiz, unversöhnlicher Haß, Verrat und endlich Mord! Aus diesen gehen hervor, Genußsucht, Fraß, Völlerei, Unzucht, Hurerei, gänzliche Nichtachtung des Nächsten, härteste Verfolgung dessen, was frei zu atmen sich getrauen sollte, vollste Scham- und Ehrlosigkeit, gänzliche Gewissenlosigkeit und endlich die vollste Mißachtung und gänzliche Vergessenheit Gottes! Diese notwendigen Vorkommnisse (Folgeerscheinungen) aus den ersten sieben Hauptleidenschaften sind dann aber auch über jedem Kopfe ganz dieselben, wie solches auch aus den zehn gleichen Spitzen zu ersehen ist, die über jedem Kopfe als stets die gleichen zu ersehen waren. Auf den Spitzen waren auch noch glühende Kronen ersichtlich, mit denen das Tier das Blut verdampfen machte, so es zu gewaltig das Gefäß zu füllen anfing. Diese glühenden Kronen scheinen mir entweder die siebzig römisch-katholischen Könige zu sein nach der Sage, die mir einmal aus der Welt zu Ohren kam, daß nämlich der Papst über siebzig gekrönte Herrscher gebiete! Aber dies kommt mir zu wenig haltbar vor, weil die Zahl der Regenten nicht stets dieselbe war und geblieben ist! Aber für mich einleuchtender scheinen mir die Glühkronen die vollkommene Herrschgier anzuzeigen, die vor Dir, o Herr, ein Greuel der Greuel ist, die sich nun sogar in die Herzen der Völker eingenistet hat. Aber noch klarer als das alles, scheinen mir diese Kronen die sogenannte Politik anzudeuten, die da als ein artig aussehender und viel verheißender Deckmantel erscheint, auf daß da ja niemand merken soll, daß sich innerhalb desselben eine scharfe und todbringende Spitze verbirgt. Will aber jemand den Deckmantel anrühren, so ist dieser glühend durch die Esse des Zornes im Herzen der Beherrscher der blinden Völker, daß sich gar leicht ein jeder weidlichst verbrennen muß, der es wagt, sich an dem Deckmantel zu vergreifen!
[RB 1.94.5] "Daher meine ich, man solle die Kronen weg, dann die Spieße weg, die sieben Köpfe weg, das ganze Tier weg, seine Helfer weg und die Tiara auch weg tun - und die Erdenmenschheit wird meines Erachtens dann nicht mehr durchs Blut waten müssen, um zu dem goldnen und wahren Frieden zu gelangen. Auch die Menschentiergefechte dürften so zu den nicht mehr vorkommenden Dingen zu gehören anfangen!?
[RB 1.94.6] "Ich bin durchgehends der Meinung und von der Erkenntnis durchdrungen, daß da auf der Erde zwei Dinge geschehen müssen, so es auf ihrem Boden je friedlich aussehen soll. Entweder mußt Du, o Herr, neun Zehntel der Menschen nahe plötzlich durch Deine Würgengel von der Erde nehmen und den Überbliebenen bessere Leiter geben, oder Du mußt die Erde ums wenigstens Neunfache vergrößern und in einem jeden Lande einen großen Berg von gediegenem Golde erstehen lassen. Denn nur durch eine ungeheure, überall gleich verteilte Menge dieses Metalles, das sicher aus der Hölle seinen Ursprung nimmt, wird der Wert desselben zu dem der gemeinsten Kalksteine herabsinken, dafür aber der Wert der Menschheit steigen, was denn doch endlich einmal bewerkstelligt werden sollte! Denn was heißt denn das, so der Mensch, wie es jetzt stehet, durchaus keinen Wert hat für sich und aus sich allein, sondern lediglich nur nach der Menge des Metalles, dessen er sich habhaft gemacht hat durch alle Arten, Weisen und Wege, durch die es nur immer möglich ist, sich in den möglichst reichen Besitz dieses gelben Mittels alles irdischen Lasters zu setzen!? Also entweder Verminderung der Menschen oder bedeutende Vergrößerung des Erdbodens nebst einer ungeheuren Vermehrung des Goldes und Silbers - sonst wird es ewig nicht besser auf der Erde! Denn die Besitz- und Habsucht der Menschen muß zu einer gewaltigsten Übersättigung kommen in aller Allgemeinheit, sonst wird sie ihre Eigenliebe, als die Quelle des Hochmuts und der Herrschgier, nimmer fahren lassen!
[RB 1.94.7] "Was nützt der Ochse (Volks-Kraft) mit seiner Stärke?! Was des Löwen (Dynastie) gewaltige Tatze?! Wozu dient des Panzertiers (absoluter, tyrannisch-despotischer Fürstendruck) rücksichtslose und unbeugsamste Schwere?! Welche Effekte zum Wohle der Menschheit werden aus der Gewalt der Schlange (geheime, alles umschlingende Inquisitionspolitik)?! Was vermag der mächtige, freie Aar (sozialistisches Freistaatentum)?! Was vermag die im Hinterhalte lauernde Großrache der krokodilartigen Reaktion?! Am Ende treibt die notwendig hinzukommende Armut der Allgemeinheit, das armselige und schwache Ichneumon, dennoch alles auseinander, und zwar mit völlig leerem Magen! Wozu war denn da ein solcher Kampf gut? Ist das Ichneumon am Ende gut, so sei es auch im Anfange! Muß denn die Erde durchs Blut arm werden?!
[RB 1.94.8] "O Herr! Du allweisester und liebevollster Schöpfer, Lenker und Erhalter des Alls! Wir geschaffene Wesen beten und bitten wohl und raten hier vor Dir; aber, wie ich es nun stets gleich innewerde, in einer gewissen Hinsicht vergeblich! Denn wir können da raten und beten und bitten wie wir nur immer wollen, so tust Du aber dennoch was Du willst und wie es Deine allein höchste Weisheit für gut und recht ersieht! Das ist aber eigentlich auch das vollkommen Beste bei der ganzen Sache; denn ließest Du unsere Urteile in den äußeren Naturangelegenheiten wirksam werden, da wäre wohl die gesamte Schöpfung im nächsten Augenblicke ihres Daseins ledig! Aber Du, o Herr, bist überall des Grundes Grund, und Deine gesamte heilige Ordnung ist bei Dir ein leichter, wenn schon für uns Geschöpfe ein gehaltschwerster Gedanke. Daher meine ich nun, daß es nahe überflüssig sein dürfte. Dir noch mehr vorzuplaudern.
[RB 1.94.9] "Daß jene in der letzten Erscheinung vorkommenden Wolfsmenschen jenen höchst gleisnerischen Orden darstellten, den alle Welt bereits ganz einhellig gerichtet hat, und daß eben dieser, wie auch seine ihm verwandtem Orden, auf der Erde beinahe allzeit die alleinigen Stifter alles Übels waren und nach nichts anderem so emsig trachteten, als nach der vollsten Alleinherrschaft über die ganze Erde, und aus diesem Grunde auch alle Könige nach ihrer Pfeife tanzen machen wollten - das ist ja wohl so klar, daß darüber jede weitere Beleuchtung ganz rein überflüssig wäre.
[RB 1.94.10] "Der König, der von dem höchsten Gefühle des Herrschrechtes durchdrungen mit einer höchst gebieterischen Miene auf dem Throne saß, scheint bloß ein sprechendes Symbol der Herrschmanie dieser gegenwärtigen schlimmsten Zeit auf der Erde zu sein, wo nun ein jeder herrschen, aber niemand mehr gehorchen will, außer der Gehorsam trägt ihm große Interessen; ist dies nicht der Fall, da wird aus dem sonst gehorsamsten und untertänigsten Diener sogleich ein alle Regierungen hassender Demokrat oder ein sogenannter roter Republikaner, der die Menschheit allein durch die Vernichtung der Regenten glücklich machen will, hauptsächlich aber dabei seinen eigenen, leeren Sack recht weit auftut und die Goldfischlein in sein feines Netz zu ziehen festen Willens ist! - Diese Herrschmanie scheint jetzt das Ärgste zu sein, und nahezu der alleinige, letzte Grund, der nun wie ein zweischneidiges Racheschwert alle Menschen bis zum glühendsten Hasse entzweit!
[RB 1.94.11] "Ich sehe nun durchaus keine wahre Liebe mehr unter den Menschen. Keiner liebt den andern als Mensch und Bruder in Dir, o Herr, sondern pur nur als ein leidiger Interessent. Kann der A. vom B. irgendeinen Nutzen ziehen (sei es in was immer), so wird der A. dem B. auch mit aller Freundlichkeit begegnen und ihn sogar lieben, so B. dem A. wirklich zu irgendeinem Vorteile verholfen hat. War aber der Herr B. das nicht imstande, so wird er für den A. nur zu bald ein Mensch von der größten, ja oft sogar verächtlichen Gleichgültigkeit werden, und ich möchte es dem B. ja nicht raten, in einem möglichen Notfalle beim A. Hilfe zu suchen, so dieser mittlerweile vermögend geworden wäre, dem verunglückten B. zu helfen. Denn der B. ist sein Freund nicht, weil er ihn nicht unterstützt hat, auch dann nicht, so es auch erweislich wäre, daß der B. ihn damals unmöglich hätte unterstützen können! Hätte aber auch der B. den A. im Ernste unterstützt, so daß A. nachher zu großen Vorteilen gelangt wäre; käme aber dann B. in eine Verlegenheit und suchte beim A. eine Hilfe, so wird der vorteilsüchtige A. sicher unter höflichen Entschuldigungen sich nach Möglichkeit zurückziehen und sorglichst trachten, des lästigen B. los zu werden! Siehe, Herr, so kenne ich die Menschen, und so sind sie zum größten Teile.
[RB 1.94.12] "Wie aber sind sie besser zu machen? - Das ist eine Frage, die nur Du allein und sonst ewig kein geschaffener Engel wirklich beantworten kann. Da könnten wir raten, bis alle Sonnen möchten ausgebrannt haben und der Erde und ihren blinden Menschen wäre dabei doch nichts geholfen! So aber Du nach Deiner geheimen, endlos mächtigen, gütigsten und liebevollsten Weisheit nur ein Wörtlein sprichst, so wird die ganze Erde gesund, wie einst des römischen Hauptmanns Knecht, für den sein Gebieter bei Dir um die Heilung bat! O Du mein süßester, gütigster, allerliebenswürdigster Herr und Gott Jesus, sei doch so barmherzig und reinige die arme Erde von allem was Teufel heißt und teuflisch ist für ewig! - Dein Wille geschehe!"