69. — Die Frage des Markus nach der Erdgeschichte
[GEJ 8.69.1] Da wir aber nun ganz in aller Ruhe wohlgemut beisammensaßen, da sagte der Römer Markus, den wir schon als einen tiefen Denker haben kennengelernt, zu Mir: „Herr und Meister, erlaubst Du es mir, weil wir gerade Muße haben, an Dich noch eine Frage zu stellen? Es drückt mich noch etwas, und ich möchte darüber eine noch nähere Aufklärung haben, als Du sie uns auf dem Ölberge hast zukommen lassen.“
[GEJ 8.69.2] Sagte Ich: „Rede und frage du nur immer zu, denn in dir wohnt eine helle Seele! Ich weiß zwar wohl, was du noch hast, aber Ich habe der andern wegen gern, daß eben du redest und fragst, auf daß auch sie wissen, um was es sich handelt; denn es ist das stets ein großer Fehler bei den Menschen, daß nur wenige in sich merken, was und wo es ihnen fehlt. Denn würden die Menschen das merken und fühlen, so würden sie auch mit großem Fleiß und Eifer das Abgängige suchen und zu finden trachten und würden auch vieles finden. Weil sie aber träge sind und nicht wissen und fühlen, was ihnen noch mangelt, so suchen sie das Mangelnde auch nicht und finden es auch nicht. Wer aber sucht, der findet, und wer da bittet, dem wird gegeben, und wer da anklopft, dem wird aufgetan! Und so sage du nun nur, über was du noch ein helleres Licht haben möchtest, als es euch auf dem Ölberge gegeben worden ist!“
[GEJ 8.69.3] Sagte nun unser Römer Markus: „Siehe, Herr und Meister, Du Selbst hast es laut gesagt, daß der Mensch Gott nicht völlig über alles lieben könne, der Ihn nicht, soweit es ihm nur immer möglich ist, zu erkennen trachtet; und da habe ich nun nach längerem Nachdenken gefunden, daß mir noch gar manches mangelt!
[GEJ 8.69.4] Siehe, ich habe in Illyrien und auch in unseren weiten Länderstrichen mehrere Bergwerke und gewinne da allerlei Metalle, wie Gold, Silber, Blei und eine große Menge Eisen, das wir gar wohl gebrauchen können!
[GEJ 8.69.5] Aber beim Baue in den Bergen habe ich schon so Seltsames und Denkwürdiges aufgefunden, und das sehr tief unter dem gewöhnlichen Erdboden. Es waren das Knochen und Gerippe von einst auf der Erde lebenden riesenhaft großen Tieren. Wann haben diese die Erde bewohnt, und wie konnten sie so tief unter – sage – sogar hohe Berge geraten? Also fand man in Ägypten und auch in Hispania sogar Knochen und Gerippe, die mit denen eines Menschen eine große Ähnlichkeit hatten; nur waren sie auch wenigstens ums Vier- bis Fünffache größer und stärker als die eines jetzigen Menschen. Also fand ich noch gar manche Seltenheiten, deren ich hier näher zu gedenken nicht für nötig finde.
[GEJ 8.69.6] Du hast uns auf dem Berge wohl ganz kurz eine Erwähnung davon gemacht, daß es vor Adam auf der Erde schon gar lange eine Art Menschen gegeben habe, die aber noch wenig freien Willen hatten, sondern sich mehr den Tieren ähnlich instinktmäßig bewegten und auch nach dem Instinkte handelten. Erst vor etwa viertausend Jahren erscheint nach der Juden Schrift der erste Mensch Adam mit einem vollends freien Willen und mit einem auch ebenso freien Verstande und gibt selbst aus sich seinen Nachkommen weise Gesetze und Anordnungen.
[GEJ 8.69.7] Hier wage ich eine große Frage zu stellen, und diese besteht darin: War diese Erde zur Zeit Adams hie und da noch von den Vormenschen bewohnt, und hat sich dieses Geschlecht vielleicht auch irgendwo an gewissen Punkten der Erde bis auf unsere Zeiten erhalten, und wird es sich vielleicht auch noch länger forterhalten? Und wie kamen die Knochenüberreste der Vorwelttiere sogar unter die Grundfesten der Berge und ebenso auch die riesigen Überreste der Präadamiten?
[GEJ 8.69.8] Herr, darüber gib mir noch einen näheren Aufschluß; denn was wir forschenden Römer bis jetzt schon aufgefunden haben, das und sicher noch ein mehreres werden unsere Nachkommen finden.
[GEJ 8.69.9] Die uns bekannten Bücher Mosis geben uns über die Bestandsverhältnisse der Erde vor Adam gar keinen Aufschluß. Moses beginnt gleich mit der höchst mystischen Schöpfungsgeschichte, die aber mit dem, was wir nun auf der Erde finden, in gar keinem Zusammenhang steht, – ja, nur die höchsten Widersprüche aufstellt.
[GEJ 8.69.10] Wenn Du uns über das nun kein höheres Licht zukommen läßt, so wird das besonders bei den späteren Nachkommen große Wirrnisse erzeugen, und Deine Lehre wird großen Spaltungen unterworfen werden. Denn Deine Lehre ruht auf der mosaischen; ist aber jene in irgend etwas dunkel, so kann Dein Licht nicht zur vollen Helle auf der Erde kommen. Darum gib Du uns auch da noch einen helleren Aufschluß; wir bitten Dich darum!“
70. — Vom naturwissenschaftlichen Inhalt des 6. und 7. Buches Mosis. Das Alter der Erde
[GEJ 8.70.1] Sagte Ich: „Höre, du Mein Mir sehr liebgewordener Markus! Gar vieles habe Ich euch schon gesagt und gezeigt und werde euch auch noch das sagen und zeigen; aber alles das euch nun Gesagte und Gezeigte wird nicht viel über eure nächsten Nachkommen hinauskommen, weil die Weltmenschen das nicht fassen, nicht begreifen und somit auch nicht glauben werden. Du hast wohl einen ganz guten Grund aufgestellt, demzufolge eine von dir beanspruchte Erklärung über die Dinge und Bestandsverhältnisse dieser Erde zur wahren Festigung des Glaubens der Menschen an Meine Lehre besonders als notwendig erscheint. Doch habe Ich es euch aber auch gesagt, daß über alles in Meiner Schöpfung Vorkommende einem jeden, der im Geiste wiedergeboren wird, eben der Geist es offenbaren wird. Wem es aber der Geist offenbaren wird, der wird es dann auch im wahren Lichte lebendig begreifen, wie sich alle die dir nun noch so unbegreiflich scheinenden Dinge verhalten.
[GEJ 8.70.2] Was Ich euch aber nun mündlich darüber sagen werde, das werdet ihr Mir wohl glauben, weil Ich es euch sage; aber in der Tiefe begreifen werdet ihr es auch nicht, und noch weniger werdet ihr imstande sein, den andern nun im Geiste noch völlig blinden Menschen einen rechten Begriff davon beizubringen. Und so werden die Menschen noch lange zu warten haben, bis für sie alle die sogenannten großen Fragen werden beantwortet werden können, auf eine solche Weise, daß sie ihnen verständlich werden.
[GEJ 8.70.3] Siehe, auch die Juden sind als einst das erleuchtetste Volk der Erde, abgesehen, daß ihnen Moses selbst alles erklärt hatte durch den Mund seines Bruders Aaron in zwei nachgetragenen Büchern, nun dahin gekommen, daß sie von allen dergleichen urweltlichen Dingen rein nichts mehr wissen und verstehen. Alles, was sie irgend von solchen Urüberresten finden, bezeichnen sie als eine Wirkung der von ihnen nicht mehr verstandenen noachischen Sündflut. Lehre sie etwas anderes, so werden sie dich als einen Ketzer verdammen!
[GEJ 8.70.4] Ihr Heiden habt in eurer Götterlehre die mythische Kunde gleich von zwei großen Erdüberflutungen und schreibt ihnen zunächst den ursächlichen Grund der Erscheinungen zu, und das Volk hängt fest daran. Saget ihm nun die Wahrheit, so wird es euch verlachen und, wenn es gut geht, dazu sagen: ,Ei, wer kann das wissen? Das wissen nur die Götter!‘ Was könnet ihr ihm dann entgegnen? Sieh, darum werden die Menschen in dieser Hinsicht erst dann die Wahrheiten zu fassen imstande sein, wenn sie erstens in allerlei Wissenschaften werden bewandert sein, und zweitens, so es ihnen ihr geweckter Geist offenbaren wird!
[GEJ 8.70.5] Euch aber will Ich nun gleichwohl einige Winke geben, wie sich die Sachen etwa verhalten, obschon Ich es nur zu klar einsehe, daß ihr das alles mit eurem gegenwärtigen Verstande nicht fassen werdet, weil fürs erste euch dazu der Begriff von überaus großen Zahlen mangelt, und weil ihr fürs zweite von den Sternen und ihren Größen, Entfernungen und Bewegungen nun nur das wisset und glaubet, was Ich euch darüber gesagt habe; aber es ist alles das so lange auch bei euch nur ein äußeres Wissen, bis es sich in eurem Geiste als eine selbständige und selbstgeschaffene lichtvolle Wahrheit gestalten wird.
[GEJ 8.70.6] Daß diese Erde ein derartig hohes Alter hat, daß ihr die Zahl ihrer Bestandjahre gar nicht fassen könntet, wenn Ich sie euch auch darstellen würde, das habe Ich euch schon auf dem Ölberge gezeigt. Kurz aber und gut, die Erde besteht als ein Weltkörper für eure Begriffe schon nahezu unendlich lange und hat viele Veränderungen auf ihrer Oberfläche zu erleiden gehabt, bis sie zu ihrer gegenwärtigen Gestalt gediehen ist. Feuer, Wasser, Erdbeben und andere große Stürme, besonders in ihren Urzeiten, waren die Handlanger, die aus ihr nach Meinem Willen das gemacht haben, was sie nun ist. Und damit sie fortbesteht und zur zeitweiligen Ernährung von noch viel mehr Menschen und anderen Kreaturen noch fähiger wird, so müssen Feuer, Fluten, Erdbeben und kleine und große Stürme noch in ihr, auf ihr und über ihr nach rechtem Bedarf tätig sein.“